Um ein erfolgreiches M-Boot zu bauen, muss man nicht Schiffbau studieren oder bei einem Bootsbauer in die Lehre gehen. Siegfried Ettling vom SMC-Kiel, der Konstrukteur des hier vorgestellten M-Bootes, baute 1984 den Prototyp dieses Bootes in Knickspant-Bauweise aus 1.5 mm starkem Sperrholz. Da das Boot bei leichten Winden ausgesprochen gut lief, sind inzwischen mehrere Boote nachgebaut worden.

Weil Gewicht nur für Dampfwalzen gut ist - so sagte Uffa Fox, ein berühmter Schiffbaukonstrukteur - sollte das Boot so leicht wie möglich gebaut werden. Aber man kann Leichtbau auch anders auffassen: ein Bootsbau, bei dem es keine Schwierigkeiten gibt. Auch das trifft hier zu. Jeder versierte Bastler ist in der Lage, dieses Boot nachzubauen. Der hier abgebildete Bauplan kann im Maßstab 1:1 vom Schiffsmodell-Bauplandienst, Postfach 1820, 7730 Villingen-Schwenningen, bezogen werden.

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Da der Bau von Knickspantbooten hier schon mehrfach besprochen wurde, kann ich mich auf das Wesentliche beschränken.

Die Spanten werden, mit Füßen versehen, auf einem Baubrett aufgestellt (und an den Knickstellen mit eingelassenen 5 X 5-mm-Leisten verbunden). Das billigste Sperrholz, etwa 3 bis 4 mm stark, ist dafür gut genug, da die Bauspanten nicht im Schiff bleiben. Je nach Baumaterial für die Planken muss die Plankenstärke von dem Spantenriss abgezogen werden. Spantenriss fotokopieren und aufkleben. Ideal wäre 1,2 mm starkes Birkensperrholz für die Beplankung. Aber auch 1,5 mm ist noch gut. Wer jedoch extrem leicht bauen will, kann auch 2 mm starkes Balsaholz verwenden.

Der Bootsrumpf wird in jedem Fall mit dünnem Glasgewebe (ca. 100 g/m2) überzogen. Dazu muss aber dünnflüssiges Epoxydharz verarbeitet werden. Das Harz wird auf das trocken aufgelegte Glasgewebe mit dem Pinsel aufgetragen und mit einem Spachtel wieder herausgestrichen. Nur so entsteht eine glatte und gleichmäßige Oberfläche. Nur mit dem Pinsel aufgetragenes Harz ist ungleichmäßig dick. Weil diese GfK-Oberfläche auch die geklebte Plankenverbindung miteinander ausreichend verstärkt, entfallen die Knickstringer.

Die Stringer, welche in die Spanten eingelassen und mit ihnen verklebt sind, werden vor dem Aufbringen der Beplankung mit Seife oder Bohnerwachs eingerieben. Andernfalls würden die Planken am Stringer festkleben. Nur bei Bauspant 10 wird ein Spant 10 ohne Fuß mit der Beplankung verleimt, nachdem die Bootsschale vom Spantgerüst gelöst ist. Anschließend wird die oberste Planke an der Deckskante durch den eingeleimten Balkweger aus 3 x 5-mm-Kiefer verstärkt. Auch der Spiegel wird dann erst eingesetzt. Würde man das schon auf dem Spantgerüst machen, ließe sich die Bootsschale sehr viel schwerer abnehmen.

Vor den Spant 10 wird dann noch ein Gummifender geklebt. Radiergummi eignet sich gut und lässt sich mit Epoxydharz oder Uhu-Plus aufkleben. Die Form wird grob zugeschnitten und am Bootsrumpf mit scharfem Schleifpapier eingepasst. Die Bootslänge wird durch den eingesetzten Spiegel bestimmt und darf mit Fender zwischen min. 1276 mm und max. 1288 mm liegen.

In den von den Bauspanten abgenommenen Rumpf werden im mittleren Bereich zwei bis drei provisorische Decksbalken eingeheftet, um eine Verformung zu verhindern. Der Kiel wird aus vielfach verleimten 10 mm starkem Sperrholz hergestellt. Für einen Leichtbau aus Balsa wird auch der Kiel aus einem 8 mm starken Balsakern gebaut. Um den Kern wird dann eine 1,5 mm starke Sperrholzverstärkung herum geleimt. Die Vorderkante wird mit einem Radius von 2 mm rund geschliffen, und die Hinterkante bleibt, etwa 1 mm stark, eckig.

Falls der Kiel abnehmbar werden soll, muss eine Kieltasche aus Sperrholz oder GfK in den Rumpf eingesetzt werden. Beim Balsaboot wird der Kiel dagegen aus Gewichtsgründen fest in den Rumpf eingeleimt. Er muss in jedem Fall bis gegen das Deck stoßen und seitlich mit einem stabilen Decksbalken abgestützt werden. Auch der Ruderkoker wird jetzt erst eingesetzt und nach dem Kiel ausgerichtet.

Das Deck bedarf unserer besonderen Aufmerksamkeit. Es soll so leicht wie möglich sein. Man kann es auf herkömmliche Weise aus 0,8-mm-Sperrholz bauen. mit einigen Decksbalken. Es genügen sechs bis sieben, wenn sie an der richtigen Stelle sitzen: ein Balken vor und hinter der Decksluke; ein weiterer, wie schon beschrieben, im Kielbereich; je einer vor und hinter der Fockbefestigung, die auf einer Leiste zwischen diesen Decksbalken vorgesehen ist. Alle diese Decksbalken können aus 1.5 mm bis 2 mm starkem Sperrholz angefertigt werden, vorausgesetzt, man verklebt sie einwandfrei mit dem Deck. Sicherer ist es aber, wenn sie vorher mit einem 10 mm breiten Streifen Sperrholz verklebt werden, so dass ein T-Träger entsteht. Auf der breiten T-Oberseite ist es einfach, für eine gute Verklebung mit dem Deck zu sorgen. Am Spiegel wird eine Balsaleiste angeklebt und so beschliffen, dass das Deck auch hier verklebt wird. Genau wie man am Spiegel für eine breite Leimfläche sorgen muss, ist dies auch an den Seitenplanken erforderlich. Dazu wird der Balkweger mit jeweils 2 Balsaleisten 3 X 5 mm auf 10 mm Breite gebracht. Theoretisch könnte man eine 6 x 5-mm-Leiste nehmen, aber dann besteht die Gefahr. dass in der Außenhaut flache Stellen entstehen. Bei dünnen Leisten bleibt der Strak erhalten.

Für ein superleichtes Deck muss man etwas ungewöhnlich vorgehen. Man fängt mit dem Lukendeckel an. Aus 10 mm starkem Holz wird ein Formklotz vom Deckel angefertigt. Um seinen Rand werden 5 Lagen eingeweichtes Balsa, 1 mm stark, unter Zugabe von Weißleim gewickelt und mit Gummiringen oder Klebestreifen gut gepresst, bis der Leim ausgehärtet ist. Darauf wird dann 2 mm dicke, eingeweichte Pappe ohne Leim gewickelt und gepresst. Nach dem Trocknen werden darauf wieder 5 Lagen 1-mm-Balsa gewickelt und verleimt. Wenn der Leim hart ist, schleifen wir das Ganze auf 10 mm Stärke und heben die beiden Balsaringe ab. Das hört sich so einfach an, aber man wird wahrscheinlich den Pappring stückchenweise herauspulen und zwischen Brett und Balsaring mit der Laubsäge nachhelfen müssen. Nachdem die Ringe beschliffen wurden, haben wir den Lukenrahmen und die Decksschlinge in superleichter Qualität, mit 2 mm Zwischenraum. Hier wird später eine 3-mm-Fensterdichtung auf den Lukenrahmen geklebt.

Beim ersten Zusammenbau mit Papier auf einer Unterlage arbeiten und Deckel und Schlinge 24 Stunden zusammengebaut liegen lassen. Der Schaumstoff drückt sich zusammen, und später geht dann der Deckel leicht. Lässt man ihn dauernd eingedrückt, geht er sogar zu leicht, man sollte den Deckel immer nur zur Hälfte eindrücken, wenn das Boot nicht gesegelt wird.

Die Lukenschlinge, das ist der innere Lukenrahmen, wird dann zwischen zwei im Vorschiff zusammenlaufenden Leisten aus 5 x 10-mm-Balsa geleimt und so in das Boot eingeleimt, dass die Leisten im Bug und am Heck mit dem verbreiterten Balkweger bündig sind (in der Zeichnung gestrichelt). Aus 1,5-mm-Sperrholz werden dann die Decksbalken eingesetzt und zur Hälfte in die Leisten eingeklinkt. Da die Decksbalken dadurch sehr geschwächt werden, ist von unten ein 5 mm breiter und 50 mm langer Sperrholzstreifen über die Ausschnitte zu leimen. Oben werden die Decksbalken rechts und links mit 5 x 3-mm-Balsa verbreitert, dann wird alles mit dem Schleifklotz beschliffen.

Nur im Mastbereich wird der Kielkasten, oder beim Balsa-Leichtbau der Kiel, seitlich mit 10 x 10-mm-Kieferleisten vom Decksbalken zum Lukenrand verbreitert. Auch zwischen den beiden vorderen Decksbalken wird eine 10 x 10-mm-Kiefernleiste eingesetzt. An ihr wird die Fockschiene angeschraubt. Etwas hinter dem Mastbereich wird dann an der Bordwand die Balsaauflage für das Deck ausgeklinkt und durch 10 X 10-mm-Kiefer ersetzt. Beim Balsaboot sollte man diese Leiste für die Wanten noch mit einem Streifen Glasgewebe und Harz gegen die Bordwand von innen abstützen.

Auf die glattgeschliffenen (Schleifklotz), jetzt überall schön breiten Auflagen für das Deck wird dann zweimal Balsarite aufgepinselt und danach das dickste Bespannmaterial für Flugmodelle aufgebügelt (Silky Cote - Fabrikate - Texcover oder ähnliche mit Gewebestruktur). Es ist nicht einmal ein Farbanstrich erforderlich. Mit einem solchen Deck kann man ein Balsaboot mit einem Gewicht von etwa 500 Gramm bauen.

Mancher Leser wird sich nun fragen, ob es wirklich erstrebenswert ist, ein so extrem leichtes Boot zu segeln. Wie bei den meisten Dingen in dieser Welt kann man das Problem hier von zwei Seiten betrachten. Ein leichtes Boot springt beim kleinsten Windhauch sofort an, aber es steht auch sofort, wenn der Wind wegbleibt. Ein schweres Boot braucht mehr Zeit, um in Fahrt zu kommen, aber dann bleibt es auch bei Flaute noch eine Weile in Fahrt.

Man kann aber auch einen Leichtbau genau so schwer machen wie ein normales Boot, indem man mehr Blei an den Kiel hängt. Dieses Boot hat den Vorteil, dass es aufrechter segelt und eben die Windenergie auf dem Weg über das Segel besser ausnutzt.

Dazu gehört allerdings auch ein entsprechend gut geschnittenes und einwandfrei stehendes Segel.


Segelherstellung

Dieser Baubericht hat nun aber gar nichts mit Gewicht zu tun, sondern handelt nur vom Segel. Beim Segel beträgt der Unterschied zwischen einem ganz leichten und einem schweren Segel höchstens 50 Gramm. Beim Segelstoff sollte man nicht vom Tuchgewicht ausgehen, sondern einfach davon, aus welchem Stoff man am einfachsten ein gutes Segel bauen kann.

Das leichteste Segeltuch wiegt etwa 25 g/m² und wird nur für Spinnacker verwendet. Es werden aber auch Gewebe mit 400 g/m² hergestellt. Beide Gewebe werden auf modernen Automaten hergestellt. Durch die Kettfäden - es können bis zu 12000 sein wird der Schussfaden geschossen. Das geschieht aber nicht mehr mit einem Weberschiffchen, sondern mit einem Stahlgeschoß, das den Faden immer nur von einer Seite mitreißt und dann loslässt, oder durch Greifarme, die den Faden bis zur Mitte durchreichen. Von der anderen Seite schnappt dann ein anderer Arm den Faden und zieht ihn rüber. Aber auf den modernsten Jetstrahl-Maschinen wird der Schussfaden auf einem Wasserstrahl durch das Fach geschossen. Der Faden wird dann abgeschnitten und von einem Stahlkamm kräftig gegen den vorhergehenden Faden geschlagen, das geschieht bis zu 400mal in der Minute. Danach wird das Tuch beschnitten, gereckt, gewalzt und mit heißen Bädern geschrumpft und wieder mit heißen Walzen geglättet. Erst nach all diesen Arbeitsvorgängen und vielfachen Kontrollen geht das fertige Tuch auf 100-m-Rollen ins Lager.

Durch diese Veredelung des Polyestertuches kann das Tuch weich wie Wolle oder hart wie ein Brett gemacht werden. Uns interessieren nur die leichten Qualitäten mit etwa 100 g/m² Gewicht. Das Tuch sollte dabei auch nicht zu steif sein, weil sonst bleibende Knitterfalten im Material jeden Segelschnitt illusorisch machen. Aber „lappich" darf das Segel auch nicht sein, weil dann das Profil nicht steht. Aus diesem Grunde ist leichter Spinnackerstoff auch nicht ideal. Ohne Wind hängt das Segel wie ein Sack, und das Profil des Segels muss erst vom Wind aufgebaut werden, bevor das Segel zieht.

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Damit wären wir schon bei einem sehr wichtigen Punkt der Segelherstellung. Beim Segelprofil oder beim Segelbauch . Aerodynamisch ist zwischen einer Flugzeugtragfläche und einem profilierten Segel kein Unterschied. Ein flaches Profil hat wenig Widerstand, aber auch wenig Auftrieb. Doch dieser Auftrieb ist in einem großen Anstellbereich vorhanden. Ein stark gewölbtes Profil hat viel Widerstand und auch viel Auftrieb, der uns allein interessierende Auftrieb ist nur mit einem ganz exakt eingehaltenen Anstellwinkel zu realisieren. Das ist aber beim Segeln nicht immer möglich, weil die Segelstellung oft  gar nicht oder nur ungenau zu erkennen ist.

Man wird deshalb einen Mittelweg wählen müssen. Ein Profil mit einer Wölbung von 10% hat sich als sehr gut erwiesen, wobei der höchste Punkt der Wölbung im ersten Drittel liegen sollte. Je weiter dieser Punkt nach hinten wandert, desto mehr Querkraft entsteht, die das Boot krängen lässt, aber es nicht vorwärts antreibt.

Die Schwierigkeit bei der Segelherstellung liegt darin, diesen Segelbauch - die Wölbung des Profils - an der richtigen Stelle in das Segel zu bringen. Wird das Segel aus einem Stück geschnitten, dann ist das relativ einfach, aber nur in beschränktem Maße möglich, indem das Vorliek bauchig und nicht gerade geschnitten wird. Diese Zugabe von etwa 3 bis 8 Millimetern - je nach Stoffqualität - bewirkt dann bei geradem Mast, dass hinter dem Mast im Tuch eine Beule entsteht. Wird zu viel Material zugegeben, dann wird aus der Beule eine Falte, die sich aber auch bilden kann, wenn das Vorliek zu stramm gezogen wird.

Relativ einfach lässt sich aber dieser Bauch erzielen, wenn man das Segel mit der Keepschnur in den Mast einzieht, bevor das Segel genäht oder geklebt wurde. Durch leichtes Massieren mit der flachen Hand kann man einen gut proportionierten Bauch in das Segel arbeiten. Dabei muss das Segel aber auch am Kopf, am Hals und am Schothorn gehalten werden.

Sehr viel komplizierter wird es aber, wenn das Segel in einzelne Bahnen zerlegt und zugeschnitten werden soll. Dafür ist der auf diese Weise erzeugte Bauch aber genau an der richtigen Stelle und im richtigen Ausmaß.

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Für die Herstellung eines Bahnensegels wird der Segelriss mit einer Linie für den Wölbungsscheitelpunkt im Maßstab 1:1 aufgezeichnet. Die Fock wird in 4 Bahnen und das Großsegel in 5 Bahnen aufgeteilt. Dabei wird die unterste Bahn schmaler und die oberste Bahn breiter gehalten. Die Trennlinien laufen senkrecht zum Achterliek. Aus Segeltuch werden dann die einzelnen Bahnen mit Zugabe für die Überlappung und die Lieken zugeschnitten.

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Um die einzelnen Bahnen mit der richtigen Wölbung wieder miteinander zu verkleben, bauen wir eine Klebeschablone aus Sperrholz oder sehr steifer Pappe. Dazu wird eine etwa 400 mm lange Mittelrippe hergestellt und mit zwei schrägen Auflageflächen rechts und links versehen. Auf dieser Klebeschablone wird der höchste Punkt markiert, die obersten Bahnen werden so aufgelegt, dass sie um 5 mm überlappen. Damit sie nicht verrutschen, müssen sie mit Klebestreifen oder Nadeln fixiert werden. Dann wird die oberste Bahn mit 5 mm breitem Doppelklebeband belegt und das Klebeband mit dem Fingernagel stark festgerieben. Wenn der Papier-Abdeckstreifen vom Klebeband abgezogen wird, ist die nächste Bahn nur leicht aufzudrücken. Wenn die Klebenaht nicht ganz glatt sein sollte, kann sie mehrere Male wieder gelöst werden. Jede Klebeverbindung wird kontrolliert und kann bei einwandfreiem Profil festgerieben werden.

Auf diese Weise wird jede weitere Bahn angeklebt und kontrolliert. Auch beim Bahnensegel wird das Vorliek etwa 2 bis 3 mm bauchig geschnitten. Dieses Maß wird durch den verwendeten Segelstoff bestimmt und ist, wie beim Segel aus einem Stück, durch Versuch zu ermitteln. Wenn das Segel einwandfrei steht, wird die Klebenaht einmal mit der Maschine durchgenäht. Man kann aber auch vorher einmal zur Probe mit dem geklebten Segel einen Versuch machen.

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Wer aber ein Segel mit größerem Bauch oder weniger Bauch haben will, muss sich eine entsprechend geänderte Klebeschablone herstellen. Der große Vorteil liegt darin, dass alle Nähte gleichmäßig ausfallen. Freihändig so exakt zu arbeiten wäre äußerst mühselig. Dass dem Segel dann noch Verstärkungen am Kopf- und Schothorn aufgenäht und Ösen eingepresst werden, ist selbstverständlich. Auch, dass das Achterliek heißgeschnitten wird und bei Bedarf Segellatten aufzukleben sind, bedarf keiner Erklärung. Auch wurde an dieser Stelle bereits ausführlich über die Achterliekrundung berichtet (Schiffsmodell 10/1983, S. 539). Mittels der leicht herzustellenden Klebeschablone ist es jetzt auch ungeübten „Segelmachern" möglich, mehrere Stellsegel anzufertigen, ohne die Kasse über Gebühr zu belasten.

Aber zum Segel gehört auch ein Mast. Das beste Segel ist wertlos, wenn der Mast nicht richtig verstagt ist und sich unkontrolliert biegt. Darüber mehr im Leichtbau-Bericht Teil III. 


Der Mast

Das Boot in Knickspant-Bauweise war leicht zu bauen, auch vom Gewicht her ist es leicht. Die Segel waren Dank der Klebeschablone auch einfach herzustellen. Der Mast ist in den meisten Fällen ein Fertigprodukt, und wir brauchen ihn nur auf das Boot zu stellen.

Ganz so einfach ist es aber nicht. Es sind mehrere Forderungen an den Mast zu stellen. Er soll so leicht wie möglich sein. Wenn das Boot im Wellenschlag schaukelt, wirkt der Mast wie ein langes Pendel. Je schwerer dieses Pendel ist, desto langsamer beruhigt es sich. An einem hin - und her flatternden Segel kann sich die Luftströmung aber nicht anlegen, und das Segel zieht nicht, solange es pendelt. Aber auch bei völlig glattem Wasser ist ein schwerer Mast nachteilig, weil sein Gewicht, verbunden mit dem langen Hebel, den er bildet, das Boot leichter krängt.

Der Mast soll aber auch steif sein und sich auf keinen Fall durch den Winddruck biegen. Dadurch wird das Segelprofil nachteilig verändert. Durch aufwendige Verspannung kann man zwar jeden Mast steif bekommen, ein „Drahtverhau" wirkt allerdings in jedem Fall als Bremse. Ein einzelner runder Spanndraht hat einen genauso großen Widerstandswert wie ein zehnmal dickeres Stromlinienprofil. Bei drehbaren Masten wird die Leichtgängigkeit durch jede Want negativ beeinflusst.

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Auf dem deutsch en Markt gibt es mehr als ein Dutzend verschiedener Masten, die aber fast alle im Ausland hergestellt werden. Die Mehrzahl von ihnen ist aus Aluminium gezogen und mit einer Keep zur Führung des Segels versehen. Der schwerste dieser Masten hat ein Stromlinienprofil, ist sehr steif, wiegt aber 400 Gramm. Er kommt aus Schweden. Der leichteste hat 12,5 mm Ø und wiegt 120 Gramm. Dieser Mast wird in England hergestellt. Ein Stromlinienmast sollte möglichst drehbar angeordnet werden, nur dann ist er von Vorteil.

Außer Alumasten gibt es CfK-Masten (Carbonfaser-Kunststoff). Diese Kohlefaser-Masten gibt es sowohl als Profilmasten mit Keep (sehr teure Handarbeit) oder als Rundmasten ohne Keep. Bei diesen Masten werden die Segel mit Ringen befestigt. Das ist aber keinesfalls ideal. Wenn kein Spalt zwischen Mast und Segel entstehen soll, müssen die Ringe für die Segelbefestigung sehr eng sein. Dann aber wird das Segel bei schwachem Wind schlecht auf die Leeseite des Mastes rutschen.

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Ein sehr guter Kompromiss ist der dünnste Rundmast mit Keep. Man muss daher in Kauf nehmen, dass er nicht sehr steif ist. Dieser Nacht eil ist mit einer sinnvollen Verspannung zu kompensieren. Das heißt in diesem Fall: Oberwanten vom Fock-Vorstag über eine mäßig breite Saling an die Püttings quer ab vom Mast. Die Saling etwa in der Mitte der Oberwanten . Doppelte Unterwanten von der Saling an die Püttings. Backstag vom Masttopp an das Heck . Vorstag im Vorliek der Fock und verstellbares Jumpstag vom Masttopp an die Saling. Alle Stage und Wanten müssen verstellbar sein, damit mit ihrer Hilfe der Mast optimal getrimmt werden kann.

Den Mast trimmen bedeutet aber, dass der Mast verbogen wird. Wir müssen z. B. das Achterstag durchsetzen, um genügend Spannung in das Vorliek zu bekommen. Dabei biegt sich oben der Mast nach hinten und im Mittelteil nach vorn. Durch das Jumpstag und die Unterwanten kann man den Mast aber wieder gerade trimmen. Mit Hilfe der achterlichen Unterwanten kann der Mast im unteren Bereich sogar nach hinten durchgebogen werden.

Durch diese dem Mast aufgezwungenen Verbiegungen kann der Stand des Segels total verändert werden. Durch leichtes Verändern der Verspannung wird die Mastkurve so lange verstellt, bis das Großsegel einen optimalen Bauch an der richtigen Stelle hat. Es ist durchaus möglich, dass der Mast dann nicht mehr gerade ist, sondern eine S-Kurve aufweist. Solch ein optimaler Segeltrimm ist aber nur mit einem feststehenden Mast zu erreichen. Ein drehbarer Mast braucht dafür mehr Verspannungen (Diamond und zweite Saling), er muss aber auch sehr viel steifer sein. Beides ist mit erheblichem Nachteil (Gewicht und Luftwiderstand) verbunden.

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Zum Abschluss möchte ich noch auf eine Möglichkeit hinweisen, die meiner Ansicht nach viel zu wenig genutzt wird: Der Mast mit Hemdsegel. Das Hemdsegel ist zwar schwierig herzustellen, hat aber zweifellos große aerodynamische Vorteile. Ein dünner Mast aus einem 8 mm starken Kohlefaserrohr lässt sich wie beschrieben gut trimmen und dürfte wegen des geringen Durchmessers allen anderen Masten in aerodynamischer Hinsicht überlegen sein. Über den vertikalen Zuschnitt eines Hemdsegels wurde in Schiffsmodell 8/81 berichtet. Man würde die Hemdbahn aus sehr leichtem Material machen und die anschließende Bahn mit dem Achterliek aus festem Tuch herstellen. Auch ein Kombischnitt wäre möglich, bei dem die Hemdbahn vertikal verläuft und das übrige Segel horizontal zugeschnitten wird. Das wäre zwar ein ziemlicher Aufwand, aber mit modernem Segelmaterial, das sich ja optimal verkleben lässt, ist das Problem sicherlich zu lösen.

Denn über eines müssen wir uns im Klaren sein: Unsere guten Boote sind fast gleichwertig. Die Überlegenheit einiger Spitzensegler resultiert nur aus ihren überragend guten Segeln und ihrer Fähigkeit, diese Segel optimal einzusetzen.

logosmOriginal erschienen in der Zeitschrift Schiffsmodell  des Neckar-Verlags 1-3/1985 Autor:F.K.Ries. Sollten hiermit irgendwelche Rechte verletzt werden bitte melden. Ich werde dann den Artikel sofort entfernen.

Geschrieben von: F.K. Ries
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