Original erschienen in der Zeitschrift Yacht  50/1939 Autor:F. Linstädt. Sollten hiermit irgendwelche Rechte verletzt werden bitte melden. Ich werde dann den Artikel sofort entfernen.

Die hier gezeigten Abbildungen und Risse von Modelleisyachten entstanden im Herbst 1938. Die drei verschieden großen Modelle entsprechen in maßstäblicher Verkleinerung den Bauvorschriften der Zehner-, Zwölfer- und Fünfzehner-Eintypklasse der Europäischen Eissegel-Union.

1939_eisschlitten_1Für den Bau der 0,20-m²-Modelleisyacht wird die Gemischtbauweise von Pappe und Holz angewandt, kann aber auch in reiner Holzbauweise ausgeführt werden. Dieses kleine Modell ist für den Schüler und Anfänger gedacht. Es werden keinerlei große Anforderungen an das Können der Bauenden gestellt. Die Bauzeichnungen sind klar und einfach bis in alle Einzelheiten im Maßstab 1:1 gehalten. In der Baubeschreibung, welche jedem Bauplan beiliegt, wird alles gesagt, was der Bauende wissen muss, um den Bau des Modelles bis zur befriedigenden Fertigstellung ausführen zu können. Die beiden nächstfolgenden Modelle, 0,35 m² und 0,50 m², sind Holzbauten in Sperrholz. Alle zum Bau verwendeten Leisten in astreinem Kieferholz und das Sperrholz sind in den einschlägigen Fachgeschäften erhältlich. Für Einzelteile in Metall, wie Läuferführungsbacken, Läuferträgerschellen, Mastspurschienen und andere Beschläge wird 1 und 2 mm starkes Aluminiumblech oder Messingblech benötigt. Die Läufer (Kufen) werden aus 2 mm starkem Hartmessing oder Tombakblech angefertigt. Sollten diese Metalle schwer zu beschaffen sein, so kann man auch 2 mm starkes Eisenblech für die Läufer verwenden.

Für alle drei Modelle sind Landsegeleinrichtungen vorgesehen. Will man die Modelle im Sommer auf dem Lande segeln, dann werden die Läufer und der Steuerläufer entfernt und durch Räder ersetzt. Gut bewährt haben sich bei Versuchen Ballonreifen aus Gummi, wie sie für Flugmodelle benutzt werden. Wer sich diese aus Ersparnisgründen nicht beschaffen kann, der fertige sie sich aus 5 oder 6 mm starkem Sperrholz selbst an, oder kaufe sie im Fachgeschäft. Mast und Großbaum werden aus astreinem Kiefer hergestellt. Die hintere Mastkante und die obere Großbaumkante sind mit einer Nute versehen, in der das Vor- und Unterliek des Segels läuft.

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Das Trimmen (Einsegeln) der fertigen Modell-Eisschlitten erfolgt am besten auf einer größeren schneefreien Eisfläche. Der Steuerläufer wird mittschiffs festgelegt und das Modell mit etwas loser Schot in den Wind geschoben. Hat das Modell Fahrt aufgenommen, so wird man feststellen können, ob es luv- oder leegierig ist. Bei Luvgierigkeit wird das Modell in den Wind schießen und die Fahrt aufgeben. Der Segelschwerpunkt muss also nach vorn verlegt werden, das geschieht, indem man den Mast auf der Mastspurschiene nach vorn rückt. Ist das Modell leegierig, also wird es während der Fahrt mit einem Steven aus dem Wind gedrückt, so muß der Mast nach achtern versetzt werden. Nach einigen Versuchen wird schnell festgestellt sein, wie das Segel stehen muß, damit das Modell seinen Kurs behält.

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Bei einer gewissen Luvgierigkeit der Modelle kann man, wie weiter unten beschrieben, erfreuliche Segeleigenarten der Schlitten kennen lernen. In Modellseglerkreisen besteht noch vielfach die Ansicht, dass Versuche mit Modell-Eisschlitten keinen eigentlichen Zweck haben. Als Grund der Ablehnung wird gesagt, dass die Modelle ja doch keine Segeleigenschaften besitzen können, also dass die Modelle keinen Kurs halten können, bei Wind umkippen und so weiter. Man hätte an Versuchen festgestellt, dass dem so ist. Ich bezweifle, ob die angestellten Versuche mit der nötigen Ausdauer und in der Hauptsache mit der Abänderung von festgestellten Fehlern unternommen worden sind. Da zerbricht man  sich den Kopf über das Problem des automatisch verschiebbaren Luvballastes und überhaupt die Modellbelastung. Nach unserer Ansicht ist das gar nicht nötig, denn die Modelle segeln auch ohne Ballast und die Gefahr des Kenterns ist so gering, wenn nicht gleich Null, durch die festgelegte Spurbreite der Modelle. Es ist mir bei meinen Versuchen auch bei stärkstem Winde (etwa 6 - 7 m/sek) nicht passiert, dass eines der verschieden getakelten Modell umschlug.

1939_eisschlitten_4Die seglerischen Eigenschaften dieser Modelle sind in der Hauptsache von der verschiedenen Kufenschärfe zur Eisbeschaffenheit abhängig. Für die Versuchsmodelle waren je zwei Satz auswechselbarer Läufer (Kufen) vorgesehen, und zwar für weiche Eisoberfläche Läufer mit angeschärftem Winkel von etwa 45° und bei hartem Kerneis dementsprechend schärfer geschliffenen Läufern etwa 60-70°. Ein Abgleiten und zur Seite rutschen kam bei richtiger Auswahl der Läuferschärfe nicht vor. Die Modelle wurden mit mittschiffs festgelegter Steuerkufe und verschiedenen Schotstellungen gesegelt und gingen bei vorkommenden Drückern hoch an den Wind und über Stag und nahmen dann neuen Kurs auf. Diese Angelegenheit des Kreuzschlages wiederholte sich bei neu einfallenden Drückern des Öfteren. Die Modelle waren durchweg etwas luvgierig, es war aber durchaus interessant, zu beobachten, wie sie selbständig die Kreuzschläge gegen Wind ausführten. Nachdem der Mast etwas vorausgesetzt wurde, blieben die Modelle hoch am Wind auf ihrem festgesetzten Kurs. Auch alle Schläge wie Raumschot und halben Wind waren befriedigend, können aber noch durch ein aufgesetztes Steuersegment und Großschotsteuerung wesentlich verbessert werden.

Es zeigt sich also, dass die Versuche mit Modell-Eisschlitten wirklich interessant genug sein dürften, noch dazu für den Modellsegler, der den Sommer über seine Modellboote auf dem offenen Wasser segeln konnte, wozu im Winter keine Möglichkeit vorhanden ist. Ergeben sich doch durch den Bau und das Segeln von Modell-Eisyachten allerlei neue Wege, zum Beispiel Versuche mit der starren Segelfläche, automatische Steuerung und anderes. Die Segelversuche wurden im Winter 38/39 auf dem Modellteich des Berliner Modellsegel-Vereins in Berlin-Mariendorf (Volkspark) unternommen. Diese Teichanlage ist für solche Versuche gut geeignet, da sie durch flache, zugängliche Ufer begrenzt wird. Bei größeren Eisflächen ist es ratsam, sich mit Schlittschuhen zu versehen, da die Geschwindigkeit der Modellschlitten unvorstellbar groß ist.

Geschrieben von: F. Linstädt
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