Segelwinden sind im Fachhandel relativ teuer, und je nach Modell reicht ihre Kraft dann womöglich doch nicht aus.

Mit diesem Umbaubericht wende ich mich in erster Linie an Modellbauer, die große Modelle z.B. im Maßstab 1:10 bauen. Auch bei Einsatz einer Genua sind leistungsstarke Segelwinden ein wichtiger Bestandteil. Man sollte bedenken, dass bei Modellen in diesem Maßstab Vorsegelflächen von weit mehr als 0,5 m² und Großsegelflächen von Ca. 0,5 m² auftreten. Das Stellmoment der Winden sollte im Minimum daher mindestens 100 Ncm (10 kg) betragen. In Böen kann das benötigte Stellmoment dann rapide ansteigen, so dass schnell 150 Ncm (15 kg) bis 200 Ncm (20 kg) zustande kommen. Hier müssen dann die meisten handelsüblichen Segelwinden passen.

Eine weitere Aufgabenstellung sind U. U. lange Wickelwege, die zusätzlich mit annähernd vorbildähnlicher Geschwindigkeit absolviert werden sollen. Lange Wickelwege benötigen wir für den Einsatz einer Genua oder wenn die Großschot originalgetreu z.B. 4-fach geschoren ausgeführt wird. Bei der hierdurch untersetzten Großschot verringert sich der benötigte Kraftaufwand zwar erheblich, allerdings benötigen wir jetzt einen sehr langen Stellweg. Mit der Verwendung großer Trommeldurchmesser lassen sich zwar auch mit handelsüblichen Winden lange Wickelwege realisieren, jedoch ist die Wickelgeschwindigkeit fern jeglicher Vorbildnähe. Für den Bau von vorbildähnlichen oder originalgetreuen Modellen ergaben sich daher folgende Anforderungen:

1. hohe Zugkraft
2. langer Wickelweg
3. vorbildähnliche Wickelgeschwindigkeit
4. preiswerte Anschaffung.

Alle diese Vorgaben können durch eine Serienfertigung wohl kaum in ihrer Gesamtheit erfüllt werden. Dem versierten Modellbauer ist es allerdings durchaus möglich, sich seine Segelwinde selbst aus einem leistungsstarken Servo herzustellen. Im Handel gibt es genügend Servos, die eine Zugkrafi von 10 bis 20 kg aufweisen und zudem nicht mehr als DM 100,- kosten. Rechnet man das für den Umbau benötigte Trimmpotentiometer hinzu, so kostet so eine Eigenbauwinde ca. DM 104,-. Für die Eigenbauwinden dieses Berichtes sind ca. DM 64,- (mit Conrad-Servo S-30) zu investieren, diese stellen dann bereits 7,8 kg Zugkraft bei 4,8 Volt zur Verfügung.

Bereits in der SchiffsModell 9/96 erschien ein ausführlicher Bericht zum Thema Umbau eines Standardservos in eine Segelwinde. Da die dort gemachten Äußerungen auf das Conrad-Servo S-30 nicht zutreffen und so mancher Modellbauer mit zuviel Elektronik auf Kriegsfuß steht, habe ich diesen Umbaubericht verfasst. Als Mindestkönnen sind allerdings Erfahrungen im Hartlöten und Umgang mit dem Lötkolben vorauszusetzen. Für den Umbau benötigen wir außer dem üblichen Werkzeug einen Lötkolben (20/30 W), einen kleinen Gasbrenner (z.B. von Rothenberger) sowie eine Heißklebepistole.

In den vergangenen zwei Jahren sind verstärkt preiswerte Servos auf den Markt gekommen, die sich für den Umbau zur leistungsstarken Segelwinde eignen. Ich unterscheide in diesem Bericht leistungsstarke Servos (bis 100 Ncm) und Powerservos (bis 200 Ncm). Während die schwächeren Servos eine Elektronik mit Standardbauteilen haben, ist diese bei den sog. Powerservos in SMD-Technik aufgebaut. Änderungen an SMD-Schaltungen sind wegen der Miniaturbauteile zwar nicht jedermanns Sache, aber dennoch möglich. Bei meinen Versuchen habe ich aber feststellen können, dass Änderungen in den SMD-Schaltungen auch nicht nötig wurden. Einziger Nachteil ist dann allerdings, dass das Servo die letzte 1/4 bis 1/2 Umdrehung nur sehr langsam bis zum Endpunkt läuft. Da es sich hierbei nur um wenige Millimeter handelt, fällt dieser Umstand kaum ins Gewicht. Bei den anderen Servos müssen wir drei Widerstände auf der Platine ändern (Totzeit, Dämpfung und Pulsverlängerung).

2001_winde_1Die für große Segelflächen geeigneten Servos habe ich mit den dazugehörigen technischen Daten in der unten stehenden Tabelle aufgelistet.

Sicherlich kann es noch andere, geeignete Servos geben, jedoch habe ich nur die aufgeführten überprüft. Das Conrad-Servo S20-2 ist nicht mehr lieferbar (ersetzt durch Servo S-45), jedoch ist das baugleiche Prafa-Servo PS-1501 BB noch über den Modellbaufachhandel zu erwerben.

Wie aus der Tabelle zu ersehen ist, arbeiten die Servos mit einem recht hohen Laststrom, so dass für den Betrieb ein 6-V-Akku mit einer Kapazität von 2 Ah verwendet werden sollte. Mit einem derartigen Akku sind dann Fahrzeiten bis ca. 4 Stunden realisierbar. Ich habe meine Segelboote mit einem solchen Akku bestückt und versorge aus ihm gleichzeitig den Empfänger, das Ruder-Servo, den Hilfsmotor sowie einige Zusatzfunktionen.

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Nun aber zum eigentlichen Umbau des Servos, als Erstes ändern wir den mechanischen Teil. Am Antriebszahnrad für den Hebelarm muss der Endanschlag entfernt werden. Beim Diamond-Servo mit Metallgetriebe wird hierzu aus dem Zahnrad der Stahlstift herausgezogen, bei den Servos mit Kunstoffgetriebe ist die Anschlagplatte am Zahnrad zu entfernen. Damit sind die Änderungen am Getriebe bereits abgeschlossen.

 

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Ist der mechanische Umbau bei allen Servos eigentlich gleich, so sind die Änderungen auf der elektronischen Seite unterschiedlich. Wie ich schon erwähnte, wollen wir die Elektronik der Powerservos nicht ändern, während bei den anderen Servos auf der Platine Widerstände ausgewechselt werden müssen. Wie diese Widerstandswerte ermittelt werden können, darüber gibt es schon einige detaillierte Abhandlungen, daher habe ich diese Überprüfungen für die angegebenen Servos übernommen. Wer andere Servos verwenden will, der sollte sich an die Umbauanleitung von Jürgen Heidbreder (Schiffs-Modell 9/96) halten. Nach dem Umbau der Mechanik ändern wir nun das Potentiometer. Hierfür muss die Steuerplatine ausgebaut werden (Kabel nicht ablöten oder Anschlussfarben notieren!). Beim Conrad-Servo S-45 sind die Pole des Motors direkt in die Platine gelötet. Nach dem Entfernen der Steuerelektronik können wir das Potentiometer ausbauen, es wird später als Teilespender benötigt. Jetzt ist der Moment gekommen, an dem wir festlegen, wie viele Umdrehungen die Winde machen soll. Die Zahl der benötigten Umrehungen legt fest, welchen Spindeltrimmer wir benötigen.

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Während ein Potentiometer einen Arbeitsbereich von 240° bis 280° von Anschlag zu Anschlag hat, beträgt dieser bei den Spindeltrimmern je nach Ausführung 12 bis 25 Umdrehungen. Für unsere Zwecke kommen drei Spindeltrimmertypen in Frage: Spectrol Standardtyp, Spectrol Typ 64 X und Spectrol Typ 74 X (siehe Zeichnung).

Der einfachste Weg wäre nun, das Servo nacheinander mit jedem Trimmertyp zu verbinden, den Servohebel zu montieren und dann auszutesten, welchen Trimmer man benötigt. Diese Arbeit habe ich für alle Interessierten bereits erledigt und alle Werte in einer Tabelle aufgeführt. Für diejenigen, die selber testen wollen, hier meine Vorgehensweise:

  1. Trimmer an Stelle des Potis anschließen
  2. Empfänger anschließen
  3. Am Sender Hebel auf Vollausschlag, Trimmung auf Neutral. Das Servo beginnt zu drehen.
  4. Am Trimmer Einstellschraube so lange drehen bis das Servo zum Stillstand kommt (evtl. rattertfflattert das Servo in dieser Position, da wir die Platine noch nicht angepasst haben).
  5. Jetzt am Sender den Steuerknüppel auf den entgegengesetzten Vollausschlag bringen, das Servo dreht nun entgegengesetzt.
  6. Wenn wir jetzt auch den Trimmer der Einstellschraube entgegegesetzt drehen, erreichen wir erneut den Stopppunkt. Bei diesem Vorgang müssen wir nur die hierfür benötigten Schraubenumdrehungen zählen.

Bei diesem Test können wir jetzt u.U. zwei Dinge feststellen, die zusammen oder einzeln auftreten können: Zum einen läuft das Servo bis kurz vor die Endlage zügig und verlangsamt sich dann während der letzten Umdrehung, wobei das letzte Viertel extrem langsam dreht. Die andere Möglichkeit ist, dass das Servo in den Endlagen flattert.

Zur Beseitigung dieser Fehler müssen auf der Steuerplatine Widerstände ausgewechselt werden (siehe spätere Bestückungstabelle).

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Nachdem der gewünschte Trimmer ausgewählt wurde, muss im Servogehäuse eine Einbaumöglichkeit geschaffen und die Verbindungsachse zwischen Trimmer und Zahnradachse hergestellt werden. Im Servogehäuse wird der Haltering des Potentiometers geringfügig verändert. Damit die Montage möglich ist, schlitzen wir den Haltering in Breite des Trimmers ein, so dass sich eine gute, seitliche Fixierung ergibt. Jetzt kommt der heikelste Punkt dieser Umbauanleitung, denn nun  stellen wir die Verbindung vom Trimmer zum Zahnrad her. Abraten muss ich von allen Varianten, die Verbindungsachse aus Messing-Flachmaterial herzustellen, das dann direkt auf die Einstellschraube des Trimmers gelötet wird.

Wird der Trimmer nicht hundertprozentig ausgerichtet, so ist der Bruch vorprogrammiert. Aber wir haben ja das serienmäßige Potentiometer noch nicht weggeworfen, und so kommt es nun zu neuen Ehren. Aus dem Poti bauen wir die Achse aus und verändern sie für unsere Zwecke. Für diesen Umbau muss jetzt hartgelötet werden, man sollte also ein kleines Hartlötgerät (z.B. Micropen 0.Ä.) besitzen und auch den Umgang hiermit geübt haben. Es ist sehr wichtig, dass beim Hartlöten nur sehr wenig Lot verwendet wird.

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Zuerst kürzen wir die Potiachse gem. Zeichnung. Dann fertigen wir aus Messingrohr die beiden Buchsen und aus Flachmessing das Betätigungsplättchen an. Jetzt müssen wir auf den gekürzten Teil Hartlot aufbringen, dann stecken wir die große Buchse auf die Achse. In die große Buchse stecken wir die kleine und erhitzen erneut, um die kleine Buchse ganz hineinpressen zu können. Eventuell müssen wir jetzt mit einer Feile die Buchse so nacharbeiten, dass sie bündig abschließt. Als letzten Arbeitsgang mit dem Brenner stecken wir nun das Betätigungsplättchen mittig in die kleine Buchse und erhitzen erneut, damit das flüssige Lot sich auch mit diesem Teil verbindet.

Jetzt sind noch Achse und Spindeltrimmer miteinander zu verbinden. Hierfür benötigen wir den Lötkolben und Elektroniklot. Bei dieser Arbeit muss zügig und äußerst vorsichtig gearbeitet werden, da wir ansonsten den hitzeempfindlichen Trimmer beschädigen würden. Mit dem Lötkolben erhitzen wir die Achse so stark, dass Lot in die Buchse mit dem Betätigungsplättchen laufen kann. In dieses noch flüssige Lot setzen wir jetzt sofort den Trimmer so hinein, dass das Betätigungsplättchen im Schraubenschlitz sitzt. Geringfügiges Anschmelzen des Gehäuses ist nicht weiter nachteilig, sollte aber mit einer Feile vorsichtig geglättet werden.

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Beachten muss man beim Aufsetzen, dass die Achse möglichst gerade sitzt. Nach dieser Arbeit können die Kabel angelötet werden, wobei die Lötstelle noch mit Schrumpfschlauch überzogen werden sollte.

Sind wir bis hier erfolgreich gewesen, nehmen wir noch einen Funktionstest vor (beschrieben wie unter Trimmer auswählen). Verläuft auch dieser Test zu unserer Zufriedenheit, setzen wir den Trimmer ins Servogehäuse ein. Die Achse wird so weit wie möglich in das Zahnrad hineingedrückt, das Trimmergehäuse liegt auf dem Grund des Servogehäuses auf. Nun müssen wir nur noch den Trimmer mit Heißkleber gegen Herausfallen fixieren.

2001_winde_7Bei den Powerservos wären die Umbauarbeiten an dieser Stelle beendet, denn wie erwähnt ist der Umbau der SMD-Elektronik nicht jedermanns Sache und meist auch nicht unbedingt nötig. Bei den anderen Servos müssen jetzt u.U. Widerstände auf der Steuerplatine geändert werden. Zum leichteren Verständnis gebe ich die Lage dieser Bauteile mit Bestückungsplan an.

Um die Werte der Widerstände (Symbolbuchstabe R) neu zu bestimmen, ist es am zweckmäßigsten, sie gegen provisorisch angeschlossene Trimmpotis auszutauschen. Als erstes ist die Totzeit neu abzugleichen, deren optimaler Wert kurz vor dem Punkt erreicht ist, an dem das Servo unkontrolliert zu flattern beginnt. Dann wird die Pulsverlängerung neu eingestellt. Hier kommt es darauf an, dass das Servo bis kurz vor die Endlage zügig dreht und erst im letzten Moment abbremst. lch habe hier toleriert, wenn ggf. die letzte Drehung bereits langsamer gelaufen ist. Sollte die Bewegung von Endlage zu Endlage nicht gleichmäßig, sondern ruckend sein, so ist der Widerstand für die Dämpfung zu erhöhen. Arbeitet nun das Servo zufrieden stellend, so werden die eingestellten Werte der Trimmer gemessen. Wir bauen dann den Widerstand mit dem passenden oder nächst niedrigeren Wert ein und prüfen erneut. Sollte die Funktion noch nicht ganz stimmen, müssen wir ggf. den jeweiligen Widerstand einen Wert größer wählen. Bei den Funktionsprüfungen mit provisorischen Trimmern kann es auch vorkommen, dass nur die Widerstände für Dämpfung und Totzeit geändert werden müssen.

Ich verwende für meine Segelboote die großen Winden nur für die Steuerung des Vorsegels (Genua). Die kleineren Servos (S-30/D-8500) reichen in der Regel für das Großsegel voll aus. Nun muss nur noch eine Windentrommel selbst angefertigt werden, aber diese einfache mechanische Arbeit soll hier nicht weiter behandelt werden.

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Zum Abschluss dieser Umbauanleitung möchte ich noch eine Schaltung für eine galvanische Trennung zwischen Empfänger und Segelwinde vorstellen. Sinn und Zweck dieser Schaltung ist eine direkte Stromversorgung der Winde aus dem Akku, der eine Spannung von 6 V aufweisen sollte. Diese Schaltungen werden in ähnlicher Form in fast allen Drehzahlstellern verwendet, dort dienen sie der Trennung von Empfängerstromkreis (4.8 V) und Fahrstrom (2.6. 12 V). Die Trennung passiert im Optokoppler, der, einfach beschrieben, eine Sende-LED und einen Empfänger enthält. In ihm werden die Steuersignale in Lichtimpulse gewandelt, über eine kurze Strecke gesendet und dann zurückgewandelt.

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Da nicht jeder die Möglichkeit zum Ätzen von Platinen hat, bauen wir die Schaltung auf einer sog. Europlatte mit Punktraster (Rastermaß RM 2,5) auf. Die Verbindung der einzelnen Bauteile erfolgt durch entsprechendes Umbiegen der Anschlussdrähte auf der Lötseite bzw. mittels Drahtbrücken (gekappte Anschlussdrähte der Widerstände). Die fertige Platine hat die Abmessungen 43 X 20 X 15 mm (LxBxH) und passt leicht in handelsübliche Kleingehäuse.

 

logosmOriginal erschienen in der Zeitschrift Schiffsmodell  des Neckar-Verlags 9/2001 Autor:Joachim Tzyschakoff.
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Geschrieben von: Joachim Tzyschakoff
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