Die zweite Weltmeisterschaft der Naviga-Klassen F5-M, -X, -10er fand in diesem Jahr vom 22. bis 28. Juli statt.
Bereits am Samstag waren alle Teilnehmer angereist, und man war seitens des Veranstalters mit der Registrierung bzw. Vermessung beschäftigt. Einige Teilnehmer mussten ihre Segel beschneiden, da sie zu groß (IMYRU- Regel) waren.
Untergebracht sind wir alle in einem großen Universitätsgebäude, das im Sommer, also während der Semester-Ferien, als Hotel dient. Betrachtet man die Preise, geht das alles völlig in Ordnung; schön ist, dass wir alle beisammen wohnen. Einige mit dem Auto angereiste Teilnehmer und Schlachtenbummler haben es anfänglich allerdings als negativ empfunden, dass der Anfahrtsweg zum Regattagelände nicht ausgeschildert war, kannte man den Weg erst einmal, war es kein Problem, dorthin zu kommen. Eine Ausschilderung wäre trotzdem besser gewesen. Als Regattagelände dient ein künstlich angelegter Nebenarm der Donau, dies ist eigentlich ein Hochwasserschutz, durch die wunderschön angelegten Parkwege wird die so genannte Neue Donau als Freizeitzentrum genutzt. Tagsüber erfolgt die Verpflegung aller am Ort, man hat hierfür eigens einen speziellen Stand nur für WM-Teilnehmer und Begleiter eingerichtet. Anfänglich war kein Toilettenwagen vorhanden, man hatte diesen offensichtlich einfach vergessen, ab Dienstag steht aber ein solches Gerät zur Verfügung, was bei Großveranstaltungen dieser Art auch unbedingt notwendig ist.
Die Eröffnung erfolgt am Sonntagmorgen mit den üblichen Ansprachen; die Schiedsrichter leisten ihren Eid, unparteiisch zu werten - etwas seltsam ist allerdings die Zusammensetzung des Schiedsgerichtes, es handelt sich um zwei Ungarn und zwei Österreicher. Der jugendliche Teilnehmer Guido Göddertz (D) spricht den Eid für die Teilnehmer. fair zu kämpfen. Die Jugend- Wertung bei einer solchen Veranstaltung ist allerdings meines Erachtens ein großes Problem, man bedenke nur einmal die unterschiedliche Ferienregelung in den Bundesländern, gar nicht daran zu denken, wie diese über Europa verstreut geregelt ist. Außerdem spielt die finanzielle Seite eine große Rolle, da man einen Jugendlichen ja wohl kaum alleine reisen lassen kann. so dass es unbedingt notwendig ist, dass eine Begleitperson mitfährt und die hierfür entstehenden Kosten natürlich dadurch ganz gewaltig in die Höhe gehen.
Die nächste Weltmeisterschaft, also 1986. wird in Russland stattfinden. inwieweit man dann überhaupt noch Jugendliche aus westlichen Ländern dorthin entsenden kann, bleibt eine offene Frage.
Die sowjetische Mannschaft ist mit einem alten Bus angereist, der Dolmetscher sagt uns, sie seien drei Tage unterwegs gewesen. Etwas vornehmer haben diese Angelegenheit die Chinesen gestaltet, sie sind mit dem Flugzeug Peking- Wien gekommen. Die Modelle sind hierfür in speziell gebauten Transportkisten untergebracht worden, diese Kisten haben kleine Rädchen und werden mit einer Deichsel gezogen. Die Modelle der Chinesen haben ein winziges Kielgewicht, es war jedoch nicht mit definitiver Sicherheit herauszubekommen, ob es sich um Wolfram handelte. Wolfram erschien uns anfänglich unwahrscheinlich, da die Kosten für ein Wolfram-Gewicht dieser Größe bei etwa DM 800,- liegen dürften. Da die Boote aber, zumindest von den Beschlägen her, recht bescheiden aufgebaut waren, hielten wir Wolfram-Gewichte für unwahrscheinlich. Die chinesischen Boote sind im hinteren Bereich relativ breit, verfügen über ein sehr kurzes Schwert, das Gewicht der Jachten soll bei ca. 6 kg liegen. J. Walicki kann durch Zusatzfunktion an seinem Boot die Achterliekstreckung und die Segelwölbung verändern. Letzteres für Fock- und Großsegel.
Bei den Ten-Ratern sind relativ viele Lupart-Rümpfe im Einsatz, gesegelt wird im Flottensystem, was dies ist, sei mir hier zu erklären erspart, Herr Krönke hat in SchiffsModell dieses System schon eingehend erläutert. Nach den Einteilungsläufen werden die Gruppen gebildet, anschließend drei nicht gewertete Zwischenläufe gefahren, um dann zu den Wertungsläufen überzugehen. Insgesamt waren bei der Weltmeisterschaft elf Nationen am Start, was eher einer Enttäuschung gleichkommt, dies um so mehr, da bei der IMYRU-WM 22 Nationen am Start waren. Es ist m. E. unerlässlich, dass man von Seiten der Naviga bzw. IMYRU an einer Angleichung arbeitet. nur so ist es denkbar. dass in naher Zukunft vielleicht einmal eine Weltmeisterschaft. an der dann tatsächlich 30 Nationen an den Start gehen, stattfindet. Die Situation in Deutschland ist sowieso recht verfahren: Da Herr Kullik vom DSV als Segelobmann für die Modellsegler offensichtlich ausschließlich durch Nichtstun glänzt, ist es dringend notwendig, dass diese Position durch einen geeigneten Mann (Herr Mentges ist eingeplant und vorgeschlagen) besetzt wird.
Die Chinesen, die einen Englisch sprechenden Dolmetscher mithaben, erzählen uns, dass sie vor dieser WM zwei Monate im Trainingslager waren, so etwas ist für westeuropäische Verhältnisse unvorstellbar, es wäre aber unbedingt notwendig, auch für die deutsche Mannschaft ein wenn auch kurzes Trainingslager durchzuführen. Die Bauausführung und Technik der einzelnen Jachten ist recht unterschiedlich. So sieht man hervorragend gebaute Deckel auf der einen, auch einfach mit Klebeband aufgeklebte Deckel auf der anderen Seite. Die Bugfender sind teilweise aus Gummi, aber auch Kork wird verwendet. Hans Kukula (A) segelt ein sehr schönes Holzboot mit sehr breitem, drehbarem Mast, die beiden anderen österreichischen Teilnehmer in 10-R fahren ebenfalls drehbare Masten, aber in Aluausführung.
Nachdem das Training bereits am Samstag stattgefunden hatte, wird nach der Eröffnung gegen 14.00 Uhr sonntagnachmittags der erste Start der Klasse F5-10 gestartet.
Unsere Mannschaft
Jugendliche:
Gödderz
Stasch
Schupp
Senioren:
G. Schmidt
R. Klörres
F. Nieweg
H. Büsgen
J. Walicki
sowie der amtierende Weltmeister der 10er- Klasse, Herr Etzel.
In der ersten Gruppe der 10er-Klasse fahren gleich zwei deutsche Teilnehmer, es handelt sich um F. Nieweg und Ch. Schupp, Schupp fährt ebenfalls ein wunderschönes Holzboot. Es gibt gleich nach dem Start den ersten Protest, der wird aber nicht angenommen, ein Schiedsrichter läuft den Kurs mit den Skippern ab, hat das Ganze genau gesehen und lässt erst gar keine Diskussion aufkommen. Durch den auffrischenden Wind laufen die Boote recht gut, einige der Skipper stehen auf dem Steg, andere laufen den Kurs auf den befestigten Uferwegen mit, um die Modelle besser sehen zu können. In diesem Lauf geht der Sowjetrusse Igor Nalewski in Führung und gibt diese bis zum Ziel nicht mehr ab. Er gewinnt ganz knapp vor H. Lupart. Dabei passiert Nalewski noch ein Missgeschick: Er ist offensichtlich der Ansicht, der Kurs sei bereits abgefahren und dreht bei, merkt aber und bekommt auch durch Zurufe mitgeteilt, dass er weiterfahren soll, wendet, geht noch mal auf Kurs, hierdurch ist Lupart schon gefährlich nahe an ihn herangekommen, ohne ihn jedoch einholen zu können.
In der Gruppe D fährt dann der derzeit amtierende Weltmeister Etzel aus Deutschland, Stiegler aus Österreich kann Etzel jedoch überholen, wird aber von einem anderen Boot gerammt, und obwohl er dadurch viel Zeit verliert, geht er trotzdem noch als erster durchs Ziel.
Verschiedene Boote laufen auf der Kreuz sehr schnell, bleiben vor dem Wind aber regelrecht auf dem Wasser kleben und kommen nicht recht vorwärts; stark betroffen hiervon ist vor allem das Vater-Sohn- Gespann Nerger aus der DDR und auch der Westdeutsche Rainer Klörres. Am zweiten Tag herrscht während des letzten Einteilungslaufes leider totale Flaute; nachdem man den Start erst einmal verschoben hat, wird dieser doch gestartet und um 10.45 Uhr in Ermangelung des nötigen Windes abgebrochen. Laut Naviga-Regeln ist ein Lauf abzubrechen, wenn das führende Boot von Boje zu Boje mehr als drei Minuten benötigt. Bei der momentan herrschenden totalen Windstille, müssen die Segeljachten mit dem bereitstehenden Ruderboot geborgen werden, an ein Heransegeln zum Steg ist nicht zu denken.
Gegen 14.00 Uhr kommt endlich Wind auf, es kann gesegelt werden. Die Boote laufen jetzt gut, Büsgen (D) und ein spanisches Boot verhängen sich an der ersten Wende, der vorgetragene Protest ist berechtigt, bringt aber nichts ein, da die Boote aus eigener Kraft nicht freikommen. Ein Schwimmer entwirrt die Angelegenheit, worauf das spanische Boot natürlich aus dem Rennen genommen wird, Büsgen nützt dies aber wenig, dieses Rennen kann er getrost vergessen. Ein Protest nützt in einem solchen Fall natürlich kaum, wenn die Angelegenheit so ausgeht, der Betroffene ist da immer benachteiligt. Etzel (D) gewinnt diesen Lauf von Nalewski. Nachdem jetzt um Punkte gefahren wird, bringt sich Etzel in eine günstige Ausgangsposition.
Luparts Beschläge sind von Hand gefertigt und sehr, sehr sauber ausgeführt. Er verwendet praktisch keine käuflich zu erwerbenden Teile. Die RC-Anlage der Teilnehmer aus der DDR hat sehr viel Ähnlichkeit mit einer Multiplex-Anlage. Die Verarbeitung ist aber sehr schlecht. Zweimal hintereinander kommt es zu keiner Wertung, weil ein Ruderservo kurz vor dem Start ausfällt, das Boot selbständig auf Geradeauskurs geht und mit dem bereitstehenden Ruderboot geborgen werden muss. Durch diese Vorkommnisse habe ich die Gelegenheit, ein solches Servo zu öffnen. Da liegen die Kabel lose und ohne Gummitüllen an den erforderlichen Stellen darin herum. Als ich frage, was das denn kostet, winkt man ab, DM 270 - wohlgemerkt, nicht die Anlage, das Servo. Einer der Sowjets kommt gar nicht erst ins Wasser, da auch seine RC- Anlage streikt.
Bisher hat es keinen Fehlstart gegeben, als dies passiert, bekommt der Russe Gollowin dies aber erst gesagt, als der Kurs auf die erste Boje fast zu Ende gesegelt ist. Das ist natürlich nicht korrekt. Bereits um die Mittagszeit ist die Ten-Rater-Klasse beendet, Helmut Lupart steht als Weltmeister fest, ebenso der deutsche Jugendliche Christian Schupp. Erstaunlich ist die Leistung der Chinesen, die zum ersten Mal auf einer WM sind. Ein zweiter Platz in dieser Kategorie ist eine wirklich ausgezeichnete Leistung.
Klasse X
In den Vorläufen fahren drei Chinesen in einer Gruppe und hintereinanderweg durchs Ziel. Die Modelle sind unterschiedlich lang, Walicki setzt einen M-Boot- Rumpf ein, ein österreichischer Teilnehmer dagegen hat einen über 2 m langen Rumpf, das Schiff läuft jedoch nur bei Wind, dann aber ausgezeichnet. Ein Vorlauf wird von dieser Jacht gewonnen. Die Rumpflänge bei Luparts Boot beträgt 1,52 m, die Breite 32 cm. Da die Boote der Chinesen für schwachen Wind ausgelegt sind, spricht man aufgrund der herrschenden Wetterlage von „Chinesenwetter"
Nachdem man auch an diesem Tag wieder mit den herrschenden Windverhältnissen zu kämpfen hat, entschließt sich Helmut Lupart, einen Leichtwindkiel zu montieren. J. Walicki hat die komplette Schotführung über Deck, benutzt als RC-Raumdeckel ein von Tupperware her bekanntes Plastikteil. Der Empfänger ist mit Doppelklebeband im Deckel festgeklebt. Im dritten Wertungslauf erhält Walicki einen Protest, fährt daraufhin an den Steg und nimmt das Boot aus dem Wasser. Das ist aber ein Fehler, der Protest war unberechtigt, der Verursacher, ein Chinese, sagt nämlich nicht, gegen wen der Protest gerichtet ist. Durch das Herausnehmen des Bootes wird der Protest aber angenommen. Besser wäre gewesen, weiterzufahren und Gegenprotest einzulegen. Durch diesen Vorfall steigt Walicki natürlich in die B- Gruppe ab.
Der 5. Finallauf ist mit zwei Deutschen, zwei Chinesen, drei Russen und einem Schweizer besetzt. Durch den herrschenden Wind (endlich) laufen die Boote ausgezeichnet, ein chinesisches Boot taucht dabei ständig, ist bei dem Wind nicht zu halten, da zu leicht. Teilweise wird umgetakelt, um die Segel den Windverhältnissen anzupassen. Da laut Ausschreibung die X-Klasse bis 12.00 Uhr zu segeln ist, wird noch ein Lauf angesetzt, und da Walicki den 5. Lauf gewinnen kann, kommt er doch noch in einen Wertungsrang und erringt die Bronzemedaille.
M-klasse
Als erstes wird natürlich wieder gruppenweise gesegelt, Freitagmorgen beginnen dann die Wertungsläufe, die DDR hat wieder mit Problemen zu kämpfen, eines der Boote takelt bei dem starken Wind ab. Es werden jetzt durchweg Sturmsegel gefahren, anders ist das wegen der derzeitigen Windverhältnisse kaum möglich. Rainer Klörres verhängt sich an der ersten Wende mit einem spanischen Boot, der Spanier protestiert, Klörres fährt daraufhin heraus. Durch die Havarie ist die Fock an dem Boot von Klörres beschädigt, es muss notdürftig geflickt werden. Bei Walicki ist in diesem Lauf, als bereits die Startminute abgezählt wird, die Fockbefestigung abgerissen. Die Regel besagt, dass das Modell in der Startminute nicht mehr berührt werden darf, er muss daher warten, bis die anderen Boote gestartet sind. Die Fock wird jetzt notdürftig mit Draht repariert, Walicki kann den Spanier, der Klörres hinausprotestiert hat, überholen und bleibt somit in der A- Gruppe.
Bei Helmut Lupart reißt im nächsten Lauf durch den sturmartigen Wind das Vorstag, er kann dadurch das Rennen nicht aufnehmen. Walicki gewinnt und liegt nunmehr 0,75 Punkte hinter dem führenden Russen Igor Nalewski zurück. Am Samstagmorgen wird die M-Klasse bei regnerischem Wetter zu Ende gefahren, zwei Läufe stehen noch aus, angesetzt ist die M-Klasse bis 12.00 Uhr Samstag, genauso lang wird auch gesegelt. Walicki kann sich durch sein enormes seglerisches Können an die Spitze setzen und auch dort behaupten.
Organisatorisch war diese Weltmeisterschaftsregatta wohl etwas schleppend, man war allgemein der Ansicht, dass, hätte man das Ganze etwas schneller durchgezogen, doch mehrere Läufe zusätzlich möglich gewesen wären. Es ist klar, je mehr Laufe gesegelt werden, um so gerechter wird das Ergebnis für die einzelnen Skipper, da die unterschiedlichen Leistungen bei wenigen Läufen nicht so zum Tragen kommen wie bei einer größeren Anzahl. Es standen insgesamt zehn zu segelnde Kurse ausgeschrieben, die je nach Bedarf (den Windverhältnissen angepasst) auch gesegelt wurden. Für den Veranstalter ist es bedauerlich, dass nur die bereits vorher erwähnten elf Nationen an den Start gingen, ich muss noch einmal betonen, dass eine Kooperation IMYRU- -Naviga als wohl optimale Lösung erscheinen muss. Das Regelwerk beider Organisationen ist nicht einmal so arg unterschiedlich, so dass zumindest hier eine Angleichung ohne größere Schwierigkeiten eigentlich möglich sein müsste. Beispielsweise war der Weltmeister \/ergangener Zeiten, P. Jahan, nicht am Start, er ist von der Naviga zur IMYRU gewechselt. Da auch nur ein einziger Engländer (Jackson) am Start war und in der M-Klasse den 11. Platz belegte, ist die Stärke der englischen Segler wieder nicht eindeutig abzuschätzen, zumal bei den herrschenden Windverhältnissen die englischen Boote wohl kaum vorne mitgemischt hätten, diese sind eher für kräftigen Wind ausgelegt. Dies war im Falle von M. Jackson eindeutig zu sehen, sobald Wind aufkam. segelte er vorne mit.
Abschließend ist zu sagen, dass Wien auf jeden Fall eine Reise wert war, der österreichische Verband als Ausrichter sich allergrößte Mühe gegeben hat, diese Meisterschaft zustande zu bringen, an dem enttäuschenden Starterfeld sicherlich keine Schuld hat und von dem „Hickhack" der beiden Weltorganisationen wohl am meisten betroffen war.
Das man dieses Jahr den IMYRU-Seglern die Möglichkeit bot, bei dieser WM zu starten, ist von Naviga-Seite aus sehr lobenswert. Wenn die Herren von der „Konkurrenz" dann aber einfach nicht kommen, ist das sehr bedauerlich.
Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei den Herren Gunter Voelz und Peter Rutetzki vom MYC Berlin, die mir mit Rat und Tat allzeit zur Seite gestanden haben.
Begebenheiten am Rande
Die Chinesen haben einen Englisch sprechenden Mannschaftsführer, mit dem kann man sich einigermaßen unterhalten. Er erklärt uns, dass, sollte ein Chinese hier einen Titel erringen, er ein gemachter Mann sei. Der chinesische Verband bezahlt den WM-Teilnehmern auch sämtliche Unkosten. Die Schilling-Noten werden, bündelweise in Tüten verpackt, herumgeschleppt.
Der russische Mannschaftsführer hat einen gewaltigen Bauch, die verschiedenen Mannschaften werden von uns mit einer Sofortbildkamera fotografiert und die Bilder verteilt. Als der Sowjetrusse das Bild sieht, zeigt er auf seinen Bauch und meint lapidar: Spinnaker.
Das Rahmenprogramm zu dieser Weltmeisterschaft ist bestens organisiert, man muss hierfür ein ganz großes Kompliment nach Wien schicken, insbesondere an die Familie Hofbauer, die tagtäglich im Stress war. So wurden wir beispielsweise an zwei Abenden mit Bussen durch Wien gefahren - das eine Mal eine Rundfahrt, das andere Mal ging es in den Wiener Prater.
Es ist an einigen Tagen drückend heiß, am gegenüberliegenden Ufer wird eifrig gearbeitet, es werden Aushubarbeiten vorgenommen. Die dort stehende Bauhütte fängt plötzlich an zu qualmen, brennt völlig aus, bis die Feuerwehr endlich eintrifft, ist von dem Holzgebäude so gut wie nichts mehr übrig.
aus SM 12/84 Janusz Walicki Naviga-Weltmeister F5M
Schon 1978 kam Janusz Walicki (das c wird wie z gesprochen) nach Deutschland. Im Gepäck brachte er auch sein Segelboot aus Polen mit. Ab 1981 nahm er mit diesem Boot an Wettbewerben teil. Die Konstruktion hatte er schon 1972 in einer polnischen Modellbauzeitschrift veröffentlicht und das Boot aus Balsaholz gebaut. Nach einigen Modifikationen, das Deck wurde tiefergelegt, entstand dann 1982 daraus das heutige Boot in GfK-Bauweise. Auch die Segel sind selbst hergestellt. 3 Satz je Boot für M-X und 10 Rater.
Der Erfolg ließ nicht auf sich warten. In der X-Klasse wurde er Deutscher Meister und bei der WM in Wien stand er in der M- Klasse ganz oben auf dem Treppchen (siehe auch WM-Bericht aus Wien im SM 9/84). Es war die Krönung seiner seglerischen Erfolge, die ihm schon 1983 elf Pokale für den ersten Platz einbrachten. Auch 1984 werden es nicht weniger sein, denn zum Zeitpunkt des lnterviews hatte er in Champex gerade seinen neunten Pokal erhalten.
Da er seit 1972 praktisch das gleiche Boot segelt und es kontinuierlich verbessert hat, besitzt er große Erfahrung mit diesem Boot. Er macht aber kein Geheimnis dar- aus und stellte sogar eine Fotokopie des Bauplanes zur Verfügung. Der Riss ist auch für die heutigen Boote gültig. Seine Boote, die er auch anderen Seglern zur Verfügung stellt, sind aus Kohle-Kevlar mit Epoxydharz hergestellt. Der Mast ist rund und aus Kohlefasern. Beschläge und Bäume sind Eigenbau aus Aluminium. Der Kiel ist in einer Kieltasche verschraubt und kann bei viel Wind nach hinten versetzt werden. Dadurch wird das Boot dann etwas hecklastig. aber das ist nur von Vorteil. Die Maststellung braucht dann nicht geändert zu werden. und mit kleinem Rigg kommt das Boot bei genügend Wind ins Gleiten. Die Segelwinde ist so im Deck montiert, dass die Windentrommel auf Deck ist. Das Windenseil läuft von dort über eine Rolle am Bug zurück zur Winde. Für den Längenausgleich sorgt eine Zugfeder. Die kleine Windentrommel daneben sitzt auf einem umgebauten Servo und zieht über einen Flaschenzug die Schot, mit der gleichzeitig das Groß und die Fock durchgesetzt und flachgezogen werden. Das Groß ist mit Ringen am Mast angeschlagen. Kopf und Hals sind an Kugellagern befestigt, damit das Segel leicht um den Mast läuft. Der Mast steht fest und wird mit Babystag, Ober- und Unterwanten getrimmt. Die Schoten laufen durch Porzellanaugen aus dem Angelzubehör.
Bemerkenswert ist, dass Janusz ohne Verklicker segelt. Das kann man sich erlauben, wenn die Augen so gut sind, dass man auch in der Entfernung noch jede Veränderung im Segel erkennt. Janusz kann das und reagiert sofort. Sicherlich hilft ihm das sehr bei seinen vielen Erfolgen.
Original erschienen in der Zeitschrift Schiffsmodell des Neckar-Verlags 9 u.12/1984 Autor:R.Müller. Sollten hiermit irgendwelche Rechte verletzt werden bitte melden. Ich werde dann den Artikel sofort entfernen.