RC-Segeln

Deutsche Klassenvereinigung und Ausschuss RC-Segeln

Original erschienen in der Zeitschrift Yacht 12/1940. Sollten hiermit irgendwelche Rechte verletzt werden bitte melden. Ich werde dann den Artikel sofort entfernen.

In Heft 48 des Jahrganges 1939 der „Yacht" lesen wir, dass der Berliner Modellyacht-Verein sich seit vorigem Winter auch mit Modelsegelschlitten befasst. Zitat:

„Nun auch Modell-Eissegeln. Der Berliner Modellyacht-Verein hatte seine letzte Mitglieder-Versammlung...Beifall fanden die vorgeführten Modellsegelschlitten, mit denen im vergangenen Winter die ersten Versuche vorgenommen wurden. Es steht zu erwarten, dass die Modellsegelschlittenflotte des Vereins in diesem Winter einen größeren Zuwachs erhalten wird. Wenn dann der Winter seine Pflicht tut, dürften noch manche wertvolle Erfahrungen auch auf diesem neuen Gebiet gewonnen werden...."

Das ist sehr erfreulich zu erfahren denn Modellsegelschlitten sind zu Versuchen sehr geeignet, sie segeln fast ebenso gut wie ihre großen Vorbilder. Ich habe mich seiner Zeit viel damit befasst und kann als Modellgröße das Verhältnis 1:5 nur bestens empfehlen. Modelle dieser Größe sind leicht zu bauen und halten ihre Eisspur sehr gut, da sie eine gut passende Belastung der Läufer bei dem Verhältnis von 1:5 zulassen. Um alle eventuellen Versuchsangaben aus verschiedenen Orten auf einen Nenner bringen zu können, wäre es dringend nötig, für alle Modellsegler einen einheitlichen Maßstab zu vereinbaren, am besten wie gesagt ist 1:5 zu empfehlen. Eine Modelleisyacht dieser Größe kann man noch auf Schlittschuhen begleiten und damit den fehlenden Steuermann zum Teil ersetzen.

Obgleich eine heutige Eisyacht bei uns eine mehr oder weniger feste Form bereits besitzt, stehen doch noch so manche Möglichkeiten offen, die als Modelle sehr gut die gestellten Fragen beantworten können. Da ich als Balten-Rückwanderer zurzeit nicht in der Lage bin, selbst Modelle zu bauen, möchte ich den Vorschlag machen, die richtigen Verhältnisse für Rumpf und Besegelung einer auf Kiellinie gehenden Eisyacht zu erforschen.

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Unter einer auf „Kiellinie" gehenden Eisyacht verstehe ich eine Bauart, bei welcher die Hauptkufen an den Rumpfenden, vorn und achtern lot- und waagerecht drehbar befestigt sind. Der seitliche Segeldruck wird von seitlichen Auslegern aufgenommen, die keine scharfe Kanten führen, sondern nur über das Eis gleiten können. Die Ausleger liegen in einer etwas überhöhten Ebene, so dass der eine oder der andere, aber nicht beide zugleich das Eis berühren können. Der Schlitten segelt also nur auf den beiden in Kiellinie liegenden Kufen, der Druck auf den Leeausleger ist ja nicht groß, weil ein Segelschlitten den größten Teil der Windkraft in Geschwindigkeit umsetzt. Es genügt, dass ein Mann auf Luv sitzt, um die Fahrt nur auf den Kielkufen zu halten, wenn auch nicht zu 100%, so doch nahe daran.

Ich habe vor vielen Jahren solch ein Fahrzeug aus verschiedenen Eisyachtteilen zusammengebastelt und mit rund 20 m² Segel. Das Resultat war überraschend, es ging wirklich fast nur auf der Kiellinie. Der Ausgangspunkt zu diesem Versuch war folgender: da wir in Hapsal bei Schneefall das Segeln nicht einstellen wollten, gelang es mir, Schneeläufer zu konstruieren, die ihren Zweck voll erfüllten, allein es mussten bei Normaltyp drei Spuren in den Schnee geschnitten werden. Das gab reichlich Widerstand und verlangte stärkeren Wind. Setzt man aber den Schlitten auf zwei in Kiellinie gehende Kufen und versieht man die Ausleger mit schneeschuhartigen, flach über den schnellgleitenden Stützkufen, so hat man eigentlich nur eine Spur in den Schnee zu schneiden, die achtere Kufe läuft dann ohne Kraftaufwand in der Spur der vorderen Kufe. Es erwies sich, dass dieser Schlitten segeln konnte, wenn die dreikufigen nicht mehr gingen.

Später, im Jahre 1928, hatte ich Gelegenheit, nach diesem Prinzip eine Eisyacht zu bauen. („Doris" von Direktor E. Fahle, Reval. „Yacht", Heft 15, Jahrgang 25.) Sie musste, kaum fertig gebaut, ohne Trimm und Ansegeln zur Rigaer Woche gehen, wo es damals alles gab, nur keinen Wind. Später ist sie in Reval in Vergessenheit geraten. Die wenigen Male, die in Hapsal vor der Abreise nach Riga gesegelt werden konnten, zeigten sehr hoffnungsvolle Eigenschaften, obgleich gerade die Beziehung zwischen Segelschwerpunkt und Lateralschwerpunkt nicht erforscht werden konnte. Interessant war ihre Reaktion gegen starke Windstöße: sie ging achtern hoch, bis 2 m, drehte sich um 180° und blieb dann stehen, ohne den Mann am Steuer herauszuwerfen, er saß im Mittelpunkt des Rumpfes. Hier werden beide Kielkufen durch die erstmalig angewandte Radsteuerung im entgegengesetzten Sinne gedreht. Das gab eine verblüffende Wendigkeit, sie dreht fast auf der Stelle. Über Schnee ging sie spielend leicht, obgleich ich aus Vorsicht an den Auslegern auch scharfe Kufen angebracht hatte und nicht flache Schneeschuhe.

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Es wäre interessant, ein solches Fahrzeug als Modell 1:5 nach allen Richtungen durchzuprüfen. Alle Teile, so Rumpf, Mast, Ausleger müssten verschiebbar sein, damit man ihre richtige Lage bei geradlinig stehenden Kielkufen ermitteln kann. Theoretisch wird ja das Maximum der Geschwindigkeit für einen gegebenen Wind und Kurs erreicht, wenn die Resultierende der Windkraft mit dem Schwerpunkt des ganzen Systems zusammenfällt. In der Praxis gibt es eine solche Lösung nicht, sondern nur Kompromisse, da zu viele variable Elemente in die theoretische Formel eingeführt werden müssten.

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Bei den Versuchen müsste als Meßbasis eine gleichgroße Modellyacht normalen Typs mit dem Versuchsschlitten laufen, um irgendeinen bleibenden Maßstab für die Eigenschaften des Prüflings zu haben. Des weiteren wäre es von großem Interesse, den Kielrumpf mit einem, beziehungsweise zwei „starren Segeln", besser gesagt „starren Triebflächen", zu versehen und dann alle vier zugleich starten und absegeln zu lassen, begleitet von vier Betreuern auf Schlittschuhen. Am besten zu solchen Versuchen sind geeignet die im Monat März entstehenden spiegelglatten Aufwasserflächen, wo das Tagestauwasser in der Nacht zufriert und morgens eine ideale Eisfläche für Modellversuche bietet.Die nebenstehenden Skizzen sollen das gesagte erläutern. Als Belastung kann am besten ein ja gleich schwerer kleiner Sandsack für alle startenden Modelle benutzt werden. Mit der starren Triebfläche ließe sich das Modell als Einspänner oder auch Zweispänner versuchen. Allerdings, ein Wagen mit zwei Pferden davor fährt ja nicht doppelt so schnell, wie ein Wagen mit einem Pferde. Doch gibt es im ersten Falle 2 PS, im zweiten nur 1 PS an Zugkraft, d.h. das Zweispännermodell könnte entweder zwei kleinere Triebflächen erhalten statt einer großen oder bei gleicher Größe eine viel bessere Fahrt machen, wenn es schwere schlackige Bahn gibt, und zwar eben dank der 2 PS. Es wäre zu begrüßen, wenn von Seiten der Modellsegler eine Stellungnahme zu den angeregten Fragen erfolgen würde.