RC-Segeln

Deutsche Klassenvereinigung und Ausschuss RC-Segeln

Da mein Keller für einen Schlepptank zu klein ist, kann ich keine Messergebnisse für RC-Segeljachten liefern. Vielmehr möchte ich versuchen, Gesetzmäßigkeiten, die bei großen Jachten gefunden wurden, auf unsere kleinen ,,Rennziegen" zu übertragen. Mit gewissen Einschränkungen ist dies möglich. Modellsegler, die daran glauben, dass die Auswertung solcher Überlegungen spürbare Verbesserungen bringt, finden im Folgenden vielleicht ein paar Anregungen.

Die rechte Balance

1982_ruder_1Von Regattaseglern wird fast ausschließlich das so genannte Balanceruder benutzt. Dazu zunächst einige theoretische Bemerkungen. Auf ein schräg angeströmtes Ruderblatt wirken Kräfte, die durch die Strömung hervorgerufen werden. Aus diesen Kräften setzt sich der Ruderdruck zusammen, der am Druckpunkt angreift. Würde man also das Ruderblatt im Druckpunkt freibeweglich aufhängen und gleichmäßig anströmen, so würde es sich nicht bewegen (Bild 1). Der Ruderdruck lässt sich noch in einen bremsenden Anteil, den Widerstand, und einen drehenden Anteil, den Seitentrieb, zerlegen (siehe auch: „Rund um's Schiffsruder" von Otto Krah, Schiffsmodell 8/81 S. 423).

1982_ruder_2Was passiert aber, wenn die Aufhängung, in unserem Fall die Ruderachse, hinter dem Druckpunkt liegt? Um das Verhalten des Ruderblattes zu veranschaulichen, kann man sich die Ruderachse ganz an die Hinterkante verschoben vorstellen (Bild 2 a). Es wird kaum gelingen, dieses Ruder gerade durch das Wasser zu „schieben". Jetzt versetzen wir die Achse weiter nach vom, aber noch hinter den Druckpunkt (Bild 2 b). Da der Hebel Druckpunkt - Ruderachse kleiner wurde, sind nun größere Strömungskräfte nötig, um das Ruder „flattern" zu lassen. Diese Kräfte treten bei höherer Geschwindigkeit auf, und je nach Bewegungsspiel der Ruderanlenkung wird das Ruder mehr oder weniger hin- und hergedreht. Gerade aber bei hoher Geschwindigkeit (z.B. in einer Bö) ist ein ruhiges Ruder nötig, um das Segelboot unter Kontrolle zu halten. Hier führt die kleinste Ruderbewegung zu großen Schlenkern und kleinen Farbspuren auf den Nachbarbooten.

Das Bild ändert sich, sobald wir mit der Achse vor den Druckpunkt kommen. Das Ruder stabilisiert sich nun selbst. Es lässt sich jetzt leichter gerade durch das Wasser ziehen als unter einen Winkel. Der Ruderdruck wirkt jeder Auslenkung entgegen.

Damit das Servo diesen Ruderdruck mit möglichst wenig Kraftaufwand überwinden kann, muss der Hebel Druckpunkt- Ruderachse klein sein (Bild 3). Der Druckpunkt sollte also dicht hinter der Ruderachse liegen.

1982_ruder_3

1982_ruder_4Wo aber liegt der Druckpunkt? Bei einer stromlinienförmigen Platte, deren Dicke etwa 1/10 bis 1/20 ihrer Breite beträgt, liegt der Druckpunkt mehr oder weniger fest auf 25 % bis 28 % der Plattenbreite hinter der Eintrittskante, und zwar bis zu Anstellwinkeln von 25 Grad (Bild 4).

Größere Anstellwinkel sind nicht interessant, da sie nur eine größere Bremswirkung erzeugen. Bei rechteckigen Platten lässt sich der Druckpunkt demnach leicht bestimmen. Wie lässt sich dieses Ergebnis aber auf anders geformte, stromlinienförmig profilierte Ruderblätter übertragen? Anstelle der Breite wird die Fläche des Ruderblattes herangezogen. Beträgt die Fläche vor der verlängerten Ruderachse weniger als ein Viertel der Gesamtfläche, so befindet sich der Druckpunkt hinter der Achse.

Die Fläche des Ruderblattes lässt sich leicht bestimmen, indem man es auf Millimeterpapier aufzeichnet und die Kästchen zählt. Die Achse wird dann so eingesetzt, dass die Fläche vor der verlängerten Achse weniger als 25 % der Gesamtfläche beträgt (Bild 5). Bei dem so entstandenen Ruder liegt der Druckpunkt dicht hinter der Ruderachse, womit es den oben genannten Forderungen entspricht.

Doppelt dreht besser

Unser Ruder muss ja noch irgendwie mit dem Servo verbunden werden. Auch hierzu noch ein paar Bemerkungen.

1982_ruder_5Sinnvoll ist ein Ruderausschlag von etwa 35 Grad zu jeder Seite, also ein Gesamtausschlag von etwa 70 Grad. Das ist mir nur einer Stange als Ruderanlenkung gerade noch zu erreichen, ohne dass die Rudermaschine die Anlenkung über den „toten Punkt" dreht. Doch was auf dem Küchentisch funktioniert, ist noch lange nicht für den Einsatz bei (rauen) Regatten geeignet. Durch einen ganz leichten Stoß auf das Ruder bei Vollausschlag klappt es nämlich doch um. Von da ab geht's nur noch im Kreis. Zu dem Druck gegen das Ruder kann es leicht kommen, z.B. durch einen Kameraden, der meint, er müsse auf dem Kreuzkurs die anderen Segelboote „anschieben", oder durch ein schlecht ausbalanciertes Ruder mit dem Druckpunkt vor der Achse. Wer also meint, er müsse mit nur einer Stange auskommen, sollte zumindest mit irgendwelchen mechanischen Raffinessen dafür sorgen, dass das Ruder nicht mehr umklappen kann. Meiner Meinung nach ist es sicherer und einfacher, das Ruder mit zwei Gestängen anzulenken. Ein „Totpunkt" ist damit ausgeschlossen. Ich bevorzuge allerdings keine Stangen, sondern Drahtseile (dieselbe Fesselfluglitze, die ich auch für die Wanten benutze). Bei zwei „Gestängen" reicht es ja, wenn an einer Seite gezogen wird, die andere braucht nicht auch noch zu schieben. Die Litze lässt sich leicht anbringen und kann auch bei groben Stößen nicht verbiegen.

Zum Abschluss noch ein Hinweis zum Regattasegeln. Das Ruder sollte man möglichst wenig benutzen, nicht um es zu schonen, sondern um schneller ans Ziel zu kommen. Jeder Ruderausschlag bremst das Boot. Also nicht „rudern", sondern segeln!

logosmOriginal erschienen in der Zeitschrift Schiffsmodell  des Neckar-Verlags 11/1982 Autor:Bernd Dietzel. Sollten hiermit irgendwelche Rechte verletzt werden bitte melden. Ich werde dann den Artikel sofort entfernen.