RC-Segeln

Deutsche Klassenvereinigung und Ausschuss RC-Segeln

Wieder einmal sah sich der honorige Modellyacht-Club von Fleetwood in der Rolle des Ausrichters einer Weltmeisterschaft der M-Klasse. Ursprünglich sollte diese WM ja auf Gran Canaria ausgetragen werden, was durch den plötzlichen Tod des dortigen Cheforganisators dann nicht mehr möglich war. Durch dieses tragische Ereignis verloren die spanischen Kollegen auch einen ihrer besten Segler.

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Natürlich war die IYRU-MYRD sehr daran interessiert, bereits im ersten Jahr ihrer Aufnahme in die Organisation der Großsegler eine solche Veranstaltung durchführen zu können. Sie fragte daher beim Club in Fleetwood an, ob dieser bereit wäre, die Ausrichtung der WM - allerdings mit schmalem Budget - zu übernehmen. Die Anstrengungen des Clubs wurden durch 75 Meldungen belohnt, eine Zahl, die einen Besucher dazu veranlaßte, diese WM als „British Open Championships" zu bezeichnen.

Kein Schafott, sondern das Gerüst für Segler und Regatta-Beobachter wm_fw_2

Natürlich gab es, bedingt durch die große Teilnehmerzahl, die allergrößten Probleme, genügend qualifizierte Schiedsrichter und Beobachter zur Verfügung zu stellen. Wer - wie der Autor dieser Zeilen auch - in der Regatta-Szene daheim ist, weiß genau, daß für einen unter Streß stehenden Segler der Schiedsrichter im entscheidenden Moment meist nichts anderes als ein blinder Hohlkopf ist; Schiedsrichter und Beobachter bemühten sich daher wirklich nach Kräften, ihr Bestes zu tun.

Die WM begann dann direkt am Sonntagmorgen, da der offizielle Empfang durch den Bürgermeister von Fleetwood bereits am Vorabend stattgefunden hatte. Daneben wurden die Starter allerdings noch von einem kräftigen Fleetwood-Wind begrüßt, der auch den ganzen Tag über anhielt. Die Flotten wurden im Zufallssystem durch die Computeranlage zusammengestellt. Während der sechs Durchgänge kam es zu wesentlich weniger Anlagen bzw. Bootsausfällen als bei den vorangegangenen Veranstaltungen in Fleetwood, diesbezüglich hatten viele Teilnehmer doch dazugelernt: sie brachten von Haus aus niedrigere Stells mit, und unter den Spitzenseglern gab es außer Jon Elmaleh auch niemanden, der mit Salzwasser-Attacken auf seine Fernsteuerung zu kämpfen hatte. Elmaleh kaufte sich dann einfach eine neue Anlage, nur um später feststellen zu müssen, daß seine Schwierigkeiten auf einem zufälligen Interferenzproblem basiert hatten.
Am Montagmorgen waren die Boote dann gemäß ihrer Leistungen in den ersten sechs Durchgängen bereits aufgeteilt worden, und so langsam schälten sich die Konturen von A- und B-Flotten heraus. Mario de Marchi aus der Schweiz führte zu diesem Zeitpunkt das Feld an, gefolgt vom Spanier Jose de la Fuente, der ein regelmäßiger Gast in England ist und deshalb sehr gute Leistungen bei schwererem Wetter zeigt.

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Christophe Boisnault, Guy Lordat, Philippe Sol, Claude Momo und Francois Beaupain begutachten ein klassisches Boot von Chris Dicks. Dieses Modell ist übrigens älter als der neue Weltmeister Christophe Boisnault

Christophe Boisnault, der spätere Sieger, erreichte zu diesem Zeitpunkt gerade die A-Flotte zusammen mit Robert Wattam, einem jungen Segler aus Neuseeland.

Der zunehmende Wind sorgte dann im weiteren Verlauf dieses Tages für einigen Druck, zumal auch die Organisatoren eine schnelle Gangart einschlugen, um den geplanten Ablauf einhalten zu können.

5 Flotten mit je 15 Booten, theoretisch nur 3 Minuten Zeit zwischen dem Schlußsignal des letzten und dem Vorbereitungssignal des nächsten
Laufes, dazu noch ein praktisch zeitgleiches Aufstellen der Teilnehmer des Laufes mit zeitgleichem Einsetzen der Boote - das ist schon eine ziemliche Anstrengung, vor allem natürlich dann, wenn man womöglich mit technischen Problemen zu kämpfen hat.

Über den Rest der Woche schwächte sich der Wind dann jedoch ab, bis man es schließlich während der letzten beiden Tage mit Windgeschwindigkeiten zu tun hatte, die für ein vernünftiges Segeln einfach zu gering waren.
Gerade mit den Seglern in den leistungsmäßig schwächsten Flotten hatten die Organisatoren unter diesen Umständen ihre liebe Not, einen geregelten Ablauf einhalten zu können. Kein Wunder also, daß man am Ufer die eine oder andere Beschwerde seitens anderer Regattateilnehmer hören konnte, wobei natürlich bemerkt werden muß, daß hier auch persönliche Interessen einen nicht unerheblichen Anteil gespielt haben. Um gegenüber dem verantwortlichen Race-Officer fair zu bleiben: Dieser mußte natürlich versuchen, einerseits allen Teilnehmern - die ja teilweise von anderen Kontinenten angereist waren - die Möglichkeit zu geben, sich mit Spitzenseglern aus aller Welt zu messen; gleichbedeutend daneben stand das Erfordernis, den Weltmeister zu ermitteln, und in Fleetwood bemühte man sich wirklich nach Kräften, beides zu tun. Was das Endergebnis angeht, so hat das deutsche Team keine allzu gute Woche gehabt. Janusz Walicki auf dem dritten Platz war der einzige deutsche Teilnehmer unter den ersten Dreißig.

Am Donnerstag, also einem der Leichtwindtage, hatte Janusz sehr viel Pech bei einer Protestverhandlung; die dort getroffene Entscheidung wirkte sich in der Endabrechnung sehr stark aus. Im zweiten Teil dieses Regattaberichtes, der sich schwerpunktmäßiq mit dem technischen Teil der WM befassen wird, wird wahrscheinlich auch platz sein, auf die Probleme einzugehen, die der Rest des deutschen Teams hatte.

wm_fw_4Jeder Teilnehmer segelte in dieser Woche also insgesamt 28 Rennen, davon 3 Streichresultate. In Anbetracht der schwachen Windverhältnisse an den letzten zwei Tagen waren das auch genügend Läufe, und der Chronist möchte ganz unbescheiden darauf hinweisen, daß er bereits zwei Tage vor dem Ende den Sieger richtig getippt hatte. Boisnault segelte eine "Berlin Go", ein Paul Lucas-Design, welches hervorragend vorbereitet war; hinzu kam eine sehr gute Ausstattung mit unterschiedlichen Segelsätzen, sowohl als Swing-Rigg als auch als Standard-Rigg für die höheren Windgeschwindigkeiten. Das allerwichtigste aber war, daß er jeglichem Gerangel auf dem Regattakurs vorsorglich aus dem Weg ging und ein vorausschauendes Segelverhalten an den Tag legte, das sich zweifellos auf seine Erfahrungen als französischer Meister stützte.

Neue Yacht von Jon Elmaleh

Robert Wattam, der Zweite, ist ein wirklich talentierter junger Modellyacht-Bauer und -Segler. Er fuhr ein selbstaebautes Boot nach einem Design von Geoff Srnale, eine sehr interessante Kombination klassischer und moderner Elemente.wm_fw_5

Das Boot von Torvald Klem: Bantock's "Enigma"-Rumpf mit Walicki-Komponenten

Erwähnenswert ist auch das Boot von Leon Taliac. da es das einzige im gesamten Starterfeld war, das über eine Ruderanlage in Canard-Konfiguration verfügte.

Gerade diese drei Teilnehmer - neben vielen anderen - zeigten in Fleetwood wieder einige der schönsten Aspekte des Modellyachtsegelns: handgearbeitete Boote von hohem technischem Anspruch, interessante Problemlösungen und sehr sportliches Verhalten.