RC-Segeln

Deutsche Klassenvereinigung und Ausschuss RC-Segeln

dsv_logoWie verbessere ich meine
Regatta-Ergebnisse?

Eine praktische Rennanleitung für RC-Segler
von G. Meysemeyer MSC Neuss e.V.

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Stell dir folgende Situation vor: Ich hatte eine weitere Runde des Regattakurses beendet, natürlich als Letzter und kam zu spät. Ich hatte jede Bahnmarke auf dem Kurs „getroffen", 14 Strafrunden gedreht und das Boot des großen Club­meisters verbeult. Die Frage stellte sich von selbst: Entweder ich würde meine Segelfertigkeiten verbessern, oder ich würde mir ein anderes Hobby suchen
und auf Taubenzucht, Briefmarkensammeln o.ä. umsatteln Da ich aber keinen passenden Verschlag für die lieben Tierchen hatte und die kleinen, klebrigen Papierläppchen mir auch nichts sagten, entschied ich mich für das erstere.
  Einige Saisons später war das Leben erträglicher geworden, ich hatte beim Bootsbau und Segelschneidern Lehrgeld bezahlt und hatte auch schon eine Gelegenheits-Regatta gewonnen, bin auch sonst nicht ständig das Schlusslicht gewesen und hatte auch kein anderes Boot versenkt. Das Wichtigste war aber, dass meine Frau wieder mit mir sprach, die Zeit des Lehrgeldes hatte sich also doch auf meinen Gemütszustand gelegt.
Diese bemerkenswerte Veränderung wurde dadurch erreicht, dass ich folgen- den Grundsatz lernte: Lege die Gewohnheiten ab. durch die du Schlusslicht wirst! Das hört sich gut an, nicht wahr, es war aber nicht einfach, die Ursachen hierfür zu entdecken, und es half auch nicht viel, alles über Segeln zu lesen, was ich in die Finger bekam. Dadurch musste ich soviel Wissen im Kopf behal­ten, dass ich nie genug Zeit hatte darüber nachzudenken, was ich gerade im Moment tat.
Durch viele Beobachtungen, Überlegungen und Fehlschläge habe ich diese Ursachen auf ein Minimum verringert, gerade genug, um alles während eines Rennens im Kopf zu behalten. Wird es dir auch nicht zuviel werden?
Gut, dann lies' weiter!

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Die goldenen Regeln:

1.) Konzentriere dich!
Ich habe mehr Rennen durch einfache und unverzeihliche Unaufmerksam- keiten verloren, als ich mich erinnern möchte. Wenn du dich nicht konzen- trierst, verdienst du den letzten Platz. Konzentration wird grundsätzlich geför- dert durch warme und trockene Kleidung, einen nüchternen Zustand und nicht zuletzt durch das Wissen darüber, dass deine Frau nicht mit dem Mittagessen auf dich wartet oder deine Freundin in der Stadt ausgeführt werden möchte.

2.) Schau dich um!
Konzentration nutzt nichts, wenn du ausschließlich dein eigenes Boot siehst, du trittst schließlich gegen andere an und musst daher beobachten, was diese  tun. Versuche dir vorzustellen, wo andere Boote in Kürze sein werden und überlege dir, was du dann tun wirst.

3.) Bleibe ruhig!
Dies sollte immer in roten Lettern vor deinem geistigen Auge stehen. Es wird jedes Mal Punkte und Plätze kosten, wenn du in ein Knäuel schlecht geführter Boote hineingezogen wirst. Enge Begegnungen können warten, bis du die Geschicklichkeit und das Selbstvertrauen hast, den Sieg davon zu tragen.

4.) Plane vor!
Eine Regatta ist niemals eine Frage des Umsegelns einiger Bojen gewesen. Es gibt stets zahlreiche Entscheidungen darüber zu treffen, wie man sie umsegelt. Wenn du Entscheidungen im voraus triffst, selbst wenn sie auch nur einen Bahnschenkel des Kurses betreffen, kannst du dich selbst entlasten, um dich auf die augenblickliche Situation zu konzentrieren.

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Die Wettkampfregeln.

Um auf nationaler Ebene auf Regatten teilnehmen zu können, musst du natür­lich unsere Segelregeln genau kennen und, was noch viel wichtiger ist, wissen, wie man sie taktisch anwendet. Um ein mittelmäßiger Flottenfahrer zu sein, musst du deine Verpflichtungen, aber auch deine Rechte kennen, das ist eigent­lich alles. Wenn du ein unerfahrener Anfänger bist, findest du eine ausgezeich­nete Zusammenfassung des Wesentlichen, z.B. im Buch „Segeln nach Regeln" aus dem DSV-Verlag. Dieses Buch ist leichtverständlich und gut illustriert. Ich habe nicht die Absicht, hier noch viel über die Regeln zu sagen. Denn wenn    du mit den Grundregeln ausgerüstet bist, dann kannst du dich auf einige tak­tische Grundlagen konzentrieren, die du letztlich viel besser in der Praxis auf dem Wasser erlernst. Das macht viel mehr Sinn, als die ganzen Wettkampf­regeln rückwärts im Schlaf aufsagen zu können.

Wenn du dies beherzigst, dann lass uns jeden Teil des Rennens der Reihe nach anschauen, um eine Art Checkliste für die wichtigsten Dinge aufzustellen.
Meine Absicht ist, dass du die Fähigkeit erlangst, diese Checkliste gedanklich zu durchlaufen, um so richtige Entscheidungen für die wesentlichen Dinge treffen zu können.
Der Kurs besteht bekanntlich aus dem Start, gefolgt von einer möglichst langen Strecke zur Luvboje, dann zwei Bahnschenkel, getrennt durch eine Bahnmarke, also zwei Halbwindkurse, einer Strecke zurück zur Luvboje, eine Fahrt zurück zur Leeboje und danach wieder hinauf zur Luvboje ins Ziel. In der Regel also das olympische Dreieck mit der bekannten "Banane" als verlängerten Zielein­lauf. Ich würde zwischen den beiden letzten Strecken keinen Unterschied machen, weil sich ihre Hauptpunkte gleichen.

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Der Start.

Drei Dinge bewirken einen wirklich guten Start:

  1. guter Wind, damit du höchste Geschwindigkeit erreichen kannst, Spielraum für taktische Bewegungen, damit du wenden kannst, wenn du es willst oder musst.
  2. Eine gute Position in Hinsicht auf den Rest des Feldes, nicht zu weit ent- fernt von jeder Seite, damit die anderen Teilnehmer nicht in den Genuss eines günstigeren Windes kommen, ohne dass auch du davon profitierst.
  3. Ein absolut gutes Zeitgefühl für die Geschwindigkeit deines und anderer Boote.

Realistisch gesehen ist deine Chance, gleich von Anfang an alles richtig und korrekt zu machen, relativ gering. Selbst die besten Skipper fangen selten ohne ein paar schlechte Starts an. Was kannst du also vernünftigerweise erwarten?
Mit ein wenig Planung und Praxis solltest du folgendes anstreben:

Nicht in einer „Meute" ohne Wind und Raum bei einer Wende
stecken bleiben, nicht zu spät sein, nicht zu früh sein.

Versuche vor dem Start die Linie herunterzufahren, um abzuschatzen, wie groß der Zeitbedarf hierfür ist. Versuche bei Annäherung an die Startlinie die Segel aufzufieren und abzufallen um schneller zu werden, die Segel dichtzuholen und anzuluven, um langsamer zu werden.
Es gibt viele Methoden zu starten (einschließlich der Einstellung: "Ich lasse mich treiben und schaue, was passiert"). Der Versuch alle Methoden auf einmal beherrschen zu wollen, ist ziemlich verwirrend. Deswegen empfehle ich dir, mit einer Methode zu beginnen.

<hrdata-mce-alt="Start mit Backbordbug" title="Start mit Backbordbug" class="system-pagebreak" />

Start mit Backbordbug.

Die Mehrheit der Boote wird sich mit Backbordbug in einiger Entfernung zur Startlinie aufstellen, um dann genau bei "0" die Linie in Richtung Bahn zu überqueren. Diese Boote werden dann versuchen, auf Steuerbordbug fahrende Anfänger abzudrängen, dabei werden sie sich selbst meistens in die Quere kommen und ihren geplanten Start nicht durchführen können. Wütende Be­schimpfungen werden dich begleiten und deiner Nervosität nicht förderlich sein. Wenn du dich erst mal dieser Reihe angeschlossen hast, verlierst du mit Sicherheit deine Manövrierfähigkeit. Reihe dich stattdessen in die „zweite Startlinie" ein und schaue dich nach einer passenden, möglichst breiten Lücke um. Selbst wenn du nicht genau bei "0" die Linie überqueren kannst, versuche so hoch wie möglich an die luvseitige Startlinienboje zu gelangen; du hast dann dort meist freies Wasser und außerdem das leewärts segelnde Feld unter Kontrolle. Beachte jedoch Regel 11 und 18.1a. Nach dem Startsignal kannst du dann anluven, um in Fahrt zu kommen.
image004Der Vorteil ist, dass du viel besser manö­vrieren kannst, um mit einigen klugen Schlägen einen vernünftigen Start zu be­kommen. Ein wichtiger Punkt dabei ist das Abfallen/Anluven, um Geschwindigkeit zu bekommen: Korrekt ausgeführt garantiert es dir, dass nicht alles verloren ist, während das Feld an dir vorbeizieht. Die Absicht ist, die Schoten ein klein wenig zu lösen und um etwa 10 Grad abzu­fallen. Wenn du erstmal Geschwindigkeit hast, dann trimm deine Segel und komm durch Anluven auf den Kurs zurück.
Stecke deinen Bug nie zwischen zwei bereits dicht nebeneinander laufende Boote, denn du brauchst mindestens eine Lücke von anderthalb Bootslängen (Regel 15). Wenn schon, dann musst du in die Luvseite einer Lücke kreuzen, um leewärts Platz zum Abfallen zu haben. Bedenke, dass du nach Regel 11 gegenüber dem Luvboot Rechte, und gegenüber dem Leeboot Verpflichtungen hast! Du musst dir einen genauen Zeitplan machen!

Deine gedankliche Checkliste für den Start sollte also folglich so aussehen:

  • Start mit Backbordseite
  • guter Zeitplan
  • nach einer Lücke Ausschau halten
  • auf Leeboote achten
  • ruhig bleiben