2. Allgemeines
2.1 Das segelnde Boot
Das System des segelnden Schiffes besteht aus zwei Teilsystemen:
- dem aerodynamischen, also dem Rigg, und
- dem hydrodynamischen, also dem Rumpf mit seinen Anhängen.
Das Verhalten der Yacht folgt aus dem Zusammenwirken von aerodynamischen, hydrodynamischen und hydrostatischen sowie aus den den Massen und Beschleunigungen zuzuordnenden Kräften.
Wenn man das System als frei von Beschleunigungen - das heißt keine einfallenden Böen, Wellen oder ähnliches - betrachtet und davon ausgeht, dass der Auftrieb gleich dem Gewicht ist, so ergeben sich folgende Gleichgewichtsbedingungen:
Σ Fx = 0 = ± Sx ± Rt
Σ Fy = 0 = ± Sy ± Q
Σ Fz = 0 = ± MSx ± MSy ± MRt ± MQ
In Abb. 1 sind die Kräfte des aerodynamischen und des hydrodynamischen Teils dargestellt.
Hierbei ist
Q die Querkraft und
Rt der Widerstand des hydrodynamischen Systems,
Sx die Segellängskraft und
Sy die Segelseitenkraft des aerodynamischen Systems.
Der Hebel h zwischen den Resultierenden erzeugt ein Moment; in diesem Fall ist das Boot leegierig.
Im stationären Fall, das heißt, dass das Boot weder anluvt noch abfällt, ist der Hebel nicht vorhanden. Daraus folgt, dass das Moment M, gleich Null ist und das Boot geradeaus segelt. Dies wird in aller Regel mit dem Legen des Ruders erreicht.
2.2. Der hydrodynamische Teil des Systems
Da beim segelnden Modell beide Teilsysteme zusammen auftreten, ist es meistens nicht möglich zu sagen, in welchem Teilsystem sich eine vorgenommene Veränderung positiv oder negativ auswirkt. So ist es zum Beispiel denkbar, das man versucht, das Rigg zu verbessern, sich tatsächlich aber vom aerodynamischen Optimum entfernt, das Boot aber schneller fährt, weil die geänderten Bedingungen den hydrodynamischen Teil verbessert haben.
Das ist zum Beispiel bei sich aus der Vertrimmung des Riggs ändernden Ruder- oder Krängungswinkeln möglich.
Deshalb ist es besser, die Einzelsysteme zu optimieren.
Dazu wird der aerodynamische Teil genau dort vom hydrodynamischen getrennt, wo die Kräfte des Riggs in den Rumpf eingeleitet werden. Dort werden sie durch die Kräfte des Dynamometers ersetzt. Dadurch vereinfacht sich die Momentengleichung um den aerodynamischen Teil zu
Σ MZ = 0 = ± MR ± MQ
Die auftretenden Momente ergeben sich dann nur aus dem hydrodynamischen Teil.
Die Messung der Momente bei verschiedenen Driftwinkeln, Ruderlagen, gegebenenfalls unterschiedlichen Geschwindigkeiten und den damit verbundenen Widerständen und Querkräften beinhalten die Versuche. Man kann danach Aussagen über die Qualität des Modells machen.
2.3. Der aerodynamische Teil des Systems
Da hier nur der hydrodynamische Teil untersucht werden soll, es aber notwendig ist, auch den aerodynamischen Teil zu berücksichtigen, ist es erforderlich, auf versuche zurückzugreifen.
Bereits 1936 sind in den USA von Davidson die Segelkraftkomponenten für Slup-Riggs hoch am Wind gemessen worden. Sie geben das Verhältnis von Segelseitenkraft zu Segellängskraft in Abhängigkeit vom Krängungswinkel und der Richtung des scheinbaren Windes wieder. Sie werden im folgenden als Gimcrack-Koeffizienten bezeichnet.
Versuche von 1968 von Wagner und Boese in Hamburg lieferten Ergebnisse, die nahe bei den Gimcrack-Koeffizienten liegen. Bei diesen Versuchen ist auch die Lage der resultierenden Windkraft gemessen worden: Sie liegt bei den untersuchten Riggformen erstaunlicherweise in Mastnähe. Dies deckt sich mit dem Angriffspunkt des Dynamometers, so dass sich dann hieraus Aussagen über die Luv- und Leegierigkeit des Modells ziehen lassen. Eine rechnerische Verschiebung aus den Messergebnissen ist jederzeit möglich.