RC-Segeln

Deutsche Klassenvereinigung und Ausschuss RC-Segeln

Reibungswiderstand Strömungstechnische Grundlagen

 

Im Gegensatz zu den bei großen Jachten vorliegenden Verhältnissen wird der Reibungswiderstand der Modelljacht in starkem Maße von zwei unterschiedlichen Strömungsformen beeinflusst, der laminaren und der turbulenten Strömung. Bei der laminaren Strömung gleiten selbst sehr dünne Flüssigkeitschichten glatt übereinander. In der turbulenten Strömung findet ein Impulsaustausch zwischen Teilchen benachbarter Schichten statt; als Folge davon nimmt die Dicke dieser Schicht (= Grenzschichtdicke) zu. Außerdem erhöht sich der Reibungsbeiwert. Dieser Reibungsbeiwert taucht in der Formel für den Reibungswiderstand RF auf:
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CF = Reibungsbeiwert (F von engl. 'friction' = Reibung)
r = Dichte des Wassers (102 kp s²/m4)
s = Fahrtgeschwindigkeit der Jacht in m/s
A = benetzte Oberfläche des Rumpfes in m².

Der Reibungsbeiwert ist, wie erwähnt, von der Strömungsform, aber auch von der Rumpflänge, der Geschwindigkeit sowie der Rauhigkeit der benetzten Oberfläche abhängig.

In diesem Zusammenhang ist der Einfluss der Reynolds-Zahl zu erwähnen, welche folgendermaßen definiert ist:
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1983_mjkonstr_7vs = Fahrtgeschwindigkeit der Jacht in m/s
l = Länge der benetzten Fläche in m
u = Kinematische Zähigkeit des Wassers
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Die Reynolds-Zahl ist, wie die Froude-Zahl, eine Ähnlichkeitskennzahl, jedoch vor allem für reibungsbehaftete Strömungsvorgänge. Unter der so genannten kritischen Re-Zahl Rekr versteht man diejenige, bei der der Umschlag laminar-turbulent erfolgt. Aus Bild 4 kann man den Reibungsbeiwert in Abhängigkeit von der Re-Zahl entnehmen. Für einen M-Boot-Rumpf (L=127cm) würde der Umschlagpunkt (Rekr = 5 x 105) bei folgenden Längen liegen, gemessen vom Bug des Schiffes nach achtern (Tabelle 1).

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Wie man aus der Tabelle ersieht, liegt an einem M-Boot-Rumpf bei niedrigen Geschwindigkeiten fast immer und bei höheren Geschwindigkeiten über einen sehr langen Bereich des Rumpfes laminare Strömung vor.

1983_mjkonstr_11Leider gibt es noch einen zweiten zu berücksichtigenden Punkt, welcher die vorliegenden Verhältnisse nachhaltig negativ beeinflusst. Die laminare Grenzschicht stellt nämlich ein relativ energiearmes und deshalb auch empfindliches Gebilde dar, das an gekrümmten Flächen, wie auch unserem Rumpf, sehr schlecht haftet. Dabei ist die laminare Grenzschicht weitestgehend stabil im Bereich eines Druckabfalls (Bild 5). Für den Rumpf gilt dies vom Bug bis etwa zur größten Breite, und sie ist instabil im Bereich des Druckanstieges, also von der größten Breite nach achtern. Auf Grund dieser Tatsache erfolgt der Umschlag laminar-turbulent schon bei geringeren Geschwindigkeiten, wie aus der Tabelle zu entnehmen ist, und zwar auf Höhe der größten Breite. Für den Konstrukteur ergibt sich daraus die Forderung, die größte Breite möglichst weit nach achtern zu legen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Oberflächenbeschaffenheit. So gilt die in Bild 4 dargestellte Abhängigkeit des Reibungsbeiwertes cF, von der Reynoldszahl nur für einen „hydraulisch glatten" Rumpf. Unter hydraulisch glatt versteht man eine Oberfläche, die eine mit den Fingerspitzen nicht mehr fühlbare Rauhigkeit hat. Dazu gehören mit Sicherheit alle polierten und auch alle mit 400er Schleifpapier nass angeschliffenen Flächen. Unbedingt zu vermeiden sind jedoch Beschädigungen im Bugbereich sowie besonders an der Eintrittskante der Kielflosse. Zu den nass angeschliffenen Rümpfen sei noch folgende Theorie erwähnt, welche darauf beruht, dass an der angeschliffenen Oberfläche Wasserteilchen besser haften und anschließend nur noch Reibung zwischen Wasserschichten stattfindet. Diese Theorie, mit deren Hilfe auch die Geschwindigkeitsverteilung in der Grenzschicht anschaulich dargestellt werden kann, gilt keineswegs nur für angeschliffene Rümpfe. Es ist deshalb unzulässig, daraus einen Vorteil für die angeschliffene Außenhaut abzuleiten. Da es bisher keine wissenschaftlichen Untersuchungen zur Unterscheidung hydrodynamisch (hydraulisch-) glatter Oberflächen vorliegen, sollte man der absolut glättesten, nämlich der polierten Oberfläche den Vorrang geben.

Eine kurze Bemerkung noch zu den Polymeren, welche bekanntlich den Reibungswiderstand verringern können. Dies können sie aber nur in der turbulenten Grenzschicht, in der laminaren Grenzschicht, die ja den größten Teil des Rumpfes bedeckt, bleiben sie vollkommen wirkungslos. Aufgrund des kleinen Anteils turbulenter Grenzschicht scheint mir deshalb eine mögliche Anwendung bei Modellsegelbooten wenig sinnvoll zu sein.

Der in Bild 5 dargestellte Strömungsabriss im Heckbereich verursacht einen weiteren wichtigen Widerstandsanteil, den so genannten Druckwiderstand. Er lässt den Gesamtwiderstand stark ansteigen und ist letztlich nur durch entsprechende Formgebung im Heckbereich des Rumpfes positiv zu beeinflussen.